ZPO §§ 256 Abs. 1; GG Art. 24; BGB § 839

Amtshaftungsansprüche gegen die Rechtsanwaltskammer

LG Köln, Urt. v. 09.08.2011 – 5 O 69/11 Fundstelle: NJW 2011, S. 3380 f.

1.   Die Haftung einer Rechtsanwaltskammer auf Ersatz der materiellen Schäden für die zögerliche Bearbeitung eines Fachanwaltsantrages ist dem Grunde nach zu bejahen, wenn die Rechtsanwaltskammer den Fachanwaltsantrag ohne zureichenden Grund nicht binnen drei Monaten bescheidet.

2.   Hat der Anwaltsgerichtshof rechtskräftig festgestellt, dass die Rechtsanwaltskammer bei der Bearbeitung des Fachanwaltsantrags pflichtwidrig gehandelt hat, bindet diese Entscheidung für die nachfolgende Amtshaftungsklage.

Leitsatz des Einsenders bei der NJW

BRAO §§ 43 c Abs. 1 S. 1, Abs. 4; FAO §§ 5, 15; VwVfG 42 Abs.2

Untergang einer Fachanwaltsbezeichnung ohne gesonderten Widerruf bei Zulassungswiderruf

AGH NRW, Urt. v. 27.07.2011 – 1 AGH 22/11Fundstelle: nicht veröffentlicht

Allein die Erfüllung der Fortbildungsanforderungen des § 15 FAO berechtigt für den Fall der erneuten Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht, eine einmal erteilte Erlaubnis zur Führung einer Fachanwaltsbezeichnung erneut zu führen.

Leitsatz des Rezensenten des KammerReports

Anmerkung:

Die RAK hatte einem Rechtsanwalt, der zugleich auch Fachanwalt gewesen war, die Rechtsanwaltszulassung widerrufen ohne zugleich auch noch die Erlaubnis zur Führung der Fachanwaltsbezeichnung gesondert zu widerrufen.

Der Rechtsanwalt beantragte daraufhin vor dem AGH festzustellen, dass er im Falle der erneuten Zulassung zur Rechtsanwaltschaft bei der RAK widerruflich berechtigt sei, die Fachanwaltsbezeichnung zu führen, soweit er in der Zwischenzeit die Fortbildungspflicht gemäß         § 15 FAO erfüllt habe. Einer erneuten Antragstellung auf Erteilung der Erlaubnis zur Führung der Fachanwaltsbezeichnung sollte es demnach nicht mehr bedürfen.

Der AGH hat die Klage abgewiesen. In seinen Entscheidungsgründen führt er u. a. aus, dass die Befugnis zur Führung einer Fachanwaltsbezeichnung untrennbar mit der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft verbunden sei, so dass in dem Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zugleich unausgesprochen auch der Widerruf der Gestattung der Führung der Fachanwaltsbezeichnung liege.

Der AGH hat die Berufung zugelassen, die zwischenzeitlich auch eingelegt wurde.

GmbHG § 1; HGB §§ 1, 2, 105, 161; BRAO §§ 1, 2; GG Art. 12

Keine Rechtsanwaltsgesellschaft in der Rechtform der GmbH & Co. KG

BGH, Urt. v. 18.07.2011 – AnwZ (Brfg) 18/10 (AnwGH München) Fundstelle: NJW 2011, S. 3036 ff.

1.    Die Zulassung einer Rechtsanwaltsgesellschaft in der Rechtsform der GmbH & Co. KG scheitert daran, dass zur Bestimmung des Wesens der KG an den Betrieb eines Handelsgewerbes angeknüpft wird.

2.    Auch das Gebot der funktionalen Interpretation von gleichen Begriffen in verschiedenen Gesetzen zwingt nicht zur Zulassung der Rechtsanwalts-GmbH & Co. KG.

3.    Ein verfassungsverbürgtes Recht, einen Beruf in jedweder Rechtsform betreiben zu dürfen, besteht auch unter den Gesichtspunkten der Berufsausübungsfreiheit nicht.

Leitsatz der Redaktion der NJW

BRAO §§ 14 Abs. 2, 112 c Abs. 1 S. 2; VwGO § 113 Abs. 1

Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfall

BGH, Beschl. v. 29.06.2011 – AnwZ (Brfg) 11/10 (AGH Hamm) Fundstelle: NJW 2011, S. 3234 ff.

Für die Beurteilung der Rechtsmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist nach der mit Wirkung ab dem 01.09.2009 erfolgten Änderung des Verfahrensrechts allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens, also auf den Erlass des Widerspruchsbescheids oder – wenn das nach neuem Recht grundsätzlich vorgeschriebene Vorverfahren entbehrlich ist – auf den Ausspruch der Widerrufsverfügung abzustellen; die Beurteilung danach eingetretener Entwicklungen ist einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten.

Leitsatz des Gerichts

FAO § 5 S. 1 HS 1

Anerkennung von Fällen eines anwaltlichen freien Mitarbeiters

BGH, Beschl. v. 16.05.2011 – AnwZ (Brfg) 7/10 = BeckRS 2011, 16680 Fundstelle: NJW-Spezial 2011, S. 479

Ob die von einem anwaltlichen freien Mitarbeiter bearbeiteten Mandate anerkannt werden können, ist nicht bei der Frage der anwaltlichen Berufsausübung, sondern bei der Frage zu prüfen, ob der Anwalt die Fälle persönlich und weisungsfrei i. S. von § 5 S. 1 Halbs. 1 FAO bearbeitet hat.

 

Leitsatz der Schriftleitung NJW Spezial

GG Art. 13 Abs. 1, Abs. 2; StGB § 352; StPO §§ 102, 103

Durchsuchung einer Anwaltskanzlei wegen des Verdachts der Gebührenüberhebung

BVerfG (3. Kammer des Zweiten Senats), Beschl. v. 05.05.2011 – 2 BvR 1011/10 Fundstelle: NJW 2011, S. 2275 f.  

1.    Wird die Durchsuchung einer Rechtsanwaltskanzlei wegen des Verdachts der Gebührenüberhebung (§ 352 StGB) angeordnet, so kann für das Gericht Anlass dazu bestehen, sich im Durchsuchungsbeschluss mit der Frage des Vorsatzes, der sich auf die Unrechtmäßigkeit der Gebührenforderung erstrecken muss, auseinanderzusetzen.

2.    Die Anordnung der Durchsuchung einer Rechtsanwaltskanzlei wegen des Verdachts der Gebührenüberhebung (§ 352 StGB) zum Zwecke des Auffindens der Handakte in einer Beratungshilfesache ist nicht erforderlich und verstößt deshalb gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, wenn auf Grund der vorliegenden Beratungshilfeakte des Amtsgerichts und der Akten der Rechtsanwaltskammer – die das Ermittlungsverfahren initiiert hat – nicht zweifelhaft ist, dass der Rechtsanwalt trotz Vorliegens eines Beratungshilfescheins eine Gebührenrechnung erstellt hat. Das Auffinden etwaigen entlastenden Materials kann den Grundrechtseingriff nicht rechtfertigen, wenn es dem Rechtsanwalt ohne Weiteres möglich ist, solches Material im Rahmen seiner Verteidigung selbstständig vorzulegen.

Leitsatz der Redaktion der NJW

BRAO § 50 Abs. 5; FAO § 6 Abs. 3 S. 2

Elektronische Arbeitsvorlagen für Fachanwaltsprüfung

AGH NRW, Urt. v. 02.05.2011 – 1 AGH 85/10 Fundstelle: NJW 2011, S. 2981

Arbeitsproben gem. § 6 Abs. 3 S. 2 FAO dürfen von Rechtsanwälten bei der Beantragung von Fachanwaltstiteln auch im Datei-Format vorgelegt werden. Die Fachanwaltsordnung schreibt nicht vor, dass Arbeitsproben zwingend als Papierausdrucke vorgelegt werden müssen, zumal § 50 Abs. 5 BRAO es Rechtsanwälten gestattet, Handakten ausschließlich in elektronischer Form zu führen.

Leitsatz des Gerichts

BGB §§ 134, 138, 280 Abs. 1, 395, 398; RVG § 4 a Abs. 2; BRAO §§ 1, 3 Abs. 1, 43 a, 49 b Abs. 1

Unwirksamer Forderungskauf wegen fundamentaler Verstöße gegen anwaltliches Berufsrecht

OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13.04.2011 – 17 U 250/10 Fundstelle: NJW 2011, S. 3724 f.

1.    Die Wirksamkeit einer Forderungsabtretung an den Anwalt setzt die Wirksamkeit der Honorarvereinbarung voraus.

2.    Insoweit können standeswidrige Rechtsgeschäfte zugleich sittenwidrig sein, wenn der betreffende Berufsstand rechtlich anerkannt ist und wichtige Gemeinschaftsausgaben zu erfüllen hat.

Leitsatz der Redaktion der NJW

BRAO § 43 b

Werbung mit der Angabe „Rechtsanwalt beim LG und beim OLG“

AnwGH Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 01.04.2011 – 2 AGH 50/10 = BeckRS 2011, 18376 - nicht rechtskräftig - Fundstelle: NJW-Spezial 2011, S. 478

Verwendet ein Anwalt in der Randleiste seines Briefbogens den Zusatz „Rechtsanwalt bei dem Landgericht und bei dem Oberlandesgericht“, verstößt er gegen § 43 b BRAO.

Leitsatz der Schriftleitung der NJW Spezial

BORA § 10 Abs. 1

Kennzeichnung weiterer Standorte als Zweigstellen

OLG Jena, Urt. v. 30.03.2011 – 2 U 569/10 = BeckRS 2011, 07972 Fundstelle: NJW-Spezial 2011, S. 286 f.

§ 10 Abs. 1 BORA bestimmt nicht, dass Zweigstellen als solche kenntlich zu machen sind.(Leitsatz des Gerichts)

BRAO § 112 a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2; GVG § 17 a Abs. 4 S. 4

 

Abgrenzung der Rechtswegzuständigkeit des Anwaltsgerichtshofs von der des Anwaltsgerichts

 

BGH, Beschl. v. 02.03.2011 – AnwZ (B) 50/10 (AnwGH Hamburg) Fundstelle: NJW 2011, S. 2303 ff.

 

1.   § 112 a Abs. 1 BRAO eröffnet in verwaltungsrechtlichen Anwaltssachen den Rechtsweg zum Anwaltsgerichtshof. Von dieser weit gespannten Zuständigkeit sind alle Streitigkeiten umfasst, die aus der Anwendung der BRAO und der auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen und Satzungen resultieren und die nicht ausdrücklich dem Anwaltsgericht oder einem anderen Gericht zugewiesen sind.

2.   Die Zuständigkeit des Anwaltsgerichts ist beschränkt auf die Verhängung anwaltsgerichtlicher Maßnahmen gegen einen Rechtsanwalt (§§ 113, 114, 119 BRAO) und – in den Fällen geringfügiger Pflichtverletzungen – auf eine gerichtliche Entscheidung gegen eine von der Anwaltskammer erteilte Rüge (§§ 74, 74 a BRAO). Für rechtliche Streitigkeiten, die aus Anlass eines solchen Verfahrens entstehen, ist grundsätzlich keine Annexzuständigkeit des Anwaltsgerichts begründet.2

3.   Verneint der Anwaltsgerichtshof seine Zuständigkeit mit der Begründung, das Anwaltsgericht sei zur Entscheidung über den gestellten Antrag berufen, ist dessen Entscheidung unter den Voraussetzungen des § 17 a Abs. 4 S. 4 GVG mit der Beschwerde zum BGH (§ 112 a Abs. 2 Nr. 2 BRAO) anfechtbar.

 

Leitsatz des Gerichts

BGB §§ 133, 157, 627, 628 Abs. 1, 812; BORA § 32; ZPO § 256 Abs. 1

Übernahme des Mandatsvertrags durch neu gegründete Sozietät

OLG Hamm, Urt. v. 22.02.2011 – 28 U 49/10 Fundstelle: NJW 2011, S. 1606 ff.

Wird dem Mandanten bei der Auflösung einer Anwaltssozietät in einem Mandantenrundschreiben gem. § 32 BORA angeboten, dass das Mandat in einer neu gegründeten Sozietät von der bisherigen Mandatsbearbeiterin fortgeführt werden kann, und bittet der Mandant diese daraufhin, das Mandat weiter zu betreuen, ist in der Regel keine Mandatskündigung gewollt, sondern eine Vertragsübernahme des Anwaltsvertrags durch die Neusozietät.

 

Leitsatz des Gerichts

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