FAO § 5 Abs. 1

Berufung ist kein eigener Fall

BGH, Beschl. v. 12.07.2010 – AnwZ (B) 85/09 = BeckRS 2001, 22970) Fundstelle: NJW-Spezial 2010, S. 734 f 

Hat ein Anwalt seinen Mandanten auch in einer höheren Instanz vertreten, stellt diese Tätigkeit gegenüber einem nachgewiesenen Ausgangsfall keinen neuen Fall i. S. von § 5 Abs. 1 FAO dar.

 

Leitsatz der Schriftleitung der NJW-Spezial

UWG § 5 a

Kennzeichnung weiterer Standorte als Zweigstellen

LG Erfurt, Urt. v. 23.06.2010 – 7 O 2036/09Fundstelle: NJW-Spezial 2010, S. 478 f. 

Gibt ein Anwalt auf seinen Briefbögen mehrere Büroanschriften an, muss er klar zu erkennen geben, an welchem Ort er seine Hauptniederlassung unterhält und welche der Anschriften sich lediglich auf Zweigstellen beziehen.

Leitsatz des Verfassers der NJW-Spezial

 

 

Anmerkung:

Ein Anwalt unterhielt eine Hauptkanzlei und zwei Zweigstellen. Aus den von ihm verwendeten Briefbögen war nicht zu entnehmen, welche Niederlassung als Hauptsitz unterhalten wurde und welche Standorte als Zweigstellen dienten.

Das Landgericht sah hierin einen Verstoß gegen das Verbot irreführender Werbung. Der Umstand, dass es sich bei einem Standort lediglich um eine Zweigstelle einer anderweitig ansässigen Hauptkanzlei handele, sei für den Verbraucher eine wesentliche Information im Sinne des § 5 a UWG, weil ihn das Unterlassen eines entsprechenden Hinweises zu einer Auswahlentscheidung zu Gunsten der in der Zweigstelle angebotenen Dienstleistungen veranlassen könne, die er sonst möglicherweise nicht getroffen hätte.

Der Grundsatz der Wahrheit und Klarheit im Bezug auf die Gestaltung des anwaltlichen Briefbogens gelte nach Auffassung des LG auch für die Kennzeichnungspflicht von Zweigstellen nach Wegfall des Zweigstellenverbots. Es dürfe nicht der unzutreffende Anschein erweckt werden, dass der Anwalt an den Standorten seiner Zweigstellen eine Hauptkanzlei unterhalte. Ein Mandant müsse wissen, ob der Anwalt der ihm obliegenden Kanzleipflicht entsprechend seinen Mandanten zu angemessen Zeiten in seinen Kanzleiräumen für anwaltliche Dienste zur Verfügung stehe oder aber in einer Zweigstelle ohne komplettes „back office“ unter Umständen nur gelegentlich anzutreffen sei.

 

(Zur Pflicht zur Benennung der „Kanzleianschrift“ gem. § 10 Abs. 3 BORA n. F. seit dem 01.07.2010 vgl. KR Hamm 3/2010, S. 31. f..)

 

EStG §§ 15 Abs. 3 Nr. 1, 18 Abs. 1 Nr. 3

Berufsbetreuer erzielen Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit

Anmerkung:

Die Änderung in der Rechtsprechung des BFH geht einher mit einem Übergang der Zuständigkeit für Fragen der Besteuerung der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit von dem IV. Senat des BFH auf den nunmehr zuständigen VIII. Senat.

Die bisherige BFH-Rechtsprechung hatte die Berufsbetreuertätigkeit als gewerbliche und nicht als sonstige selbstständige Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG angesehen, weil diese Vorschrift nur vermögensverwaltende Tätigkeiten erfasse. Die Tätigkeit eines berufsmäßigen Betreuers erfüllte nach der bisherigen Rechtsprechung diese Voraussetzung aber nicht, da sie nicht nur Vermögensfragen, sondern auch persönliche Angelegenheiten (z. B. Gesundheitsangelegenheiten) umfasst.

Nach der Auffassung des VIII. Senats des BFH ist zwar eine Betreuertätigkeit nicht als typische anwaltliche Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG anzusehen, da sie keine spezifischen juristischen Kenntnisse und keine juristische Ausbildung voraussetze und die Tätigkeit aufgrund gerichtlicher Bestellungen und nicht aufgrund eines anwaltlichen Mandats ausgeübt werde.

Auch bestimme sich die Vergütung dementsprechend nach Regelungen des Betreuungsrechts und nicht nach dem anwaltlichen Gebührenrecht.

Die Berufsbetreuung sei aber den Einkünften aus sonstiger selbstständiger Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zuzurechnen, da § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG nur eine Auflistung von Regelbeispielen, nicht aber einen abschließenden Katalog enthalte. Weitere Tätigkeiten fallen danach in den Anwendungsbereich der Regelung, wenn sie ihrer Art nach den Regelbeispielen ähnlich sind. Auf dieser Grundlage sei die Tätigkeit eines Berufsbetreuers § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zuzuordnen, weil sie ebenso wie die dort bezeichneten Regelbeispiele berufsbildtypisch durch eine selbstständige fremdnützige Tätigkeit in einem fremden Geschäftskreis sowie durch Aufgaben der Vermögensverwaltung geprägt sei.

Trockel, Geschäftsführer

 

 

 

StPO §§ 37 Abs. 1, 44, 45, 329 Abs. 3; ZPO § 174; BRAO §§ 30, 53

Unwirksame Zustellung bei Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses durch Assessor

OLG Stuttgart, Beschl. v. 17.05.2010- 2 Ws 48/10 Fundstelle: NJW 2010, S. 2532 f.

 

1.      Ein Empfangsbekenntnis muss die persönliche Entgegennahme durch einen Adressaten, der durch seine berufliche Stellung i. S. von § 174 Abs. 1 ZPO qualifiziert ist, erkennen lassen.

2.      Der Adressat einer Zustellung gegen Empfangsbekenntnis kann einen „Assessor“ nicht mit seiner Vertretung ermächtigen, da „Assessor keine berufliche Qualifikation i. S. von § 174 Abs. 1 ZPO ist.

 

Leitsatz des Gerichts

BRAO §§ 14 Abs. 4, 155 Abs. 2, VwGO § 67 Abs. 4

Verlust der Postulationsfähigkeit nach Widerruf der Zulassung

AnwGH Sachsen, Gerichtsbescheid vom 12.05.2010 – AGH 1/10 Fundstelle: NJW-Spezial 2010, S. 414

Ein Rechtsanwalt, dessen Zulassung nach dem 01.09.2009 unter Anordnung des Sofortvollzugs widerrufen worden ist, darf sich vor dem Anwaltsgerichtshof nicht mehr selbst vertreten.

 

RA Benedikt Trockel, Geschäftsführer

 

 

BRAO § 51 Abs. 1 S. 2

Berufshaftpflichtversicherung auch bei Kanzlei im Ausland

BGH, Beschl. v. 10.05.2010 – AnwZ (B) 30/09 Fundstelle: NJW-Spezial 2010, S. 543.

Die Verpflichtung eines Anwalts zur Unterhaltung einer Berufshaftpflichtversicherung entfällt nicht deshalb, weil dieser seine Kanzlei im Ausland betreibt.

Leitsatz der Schriftleitung der NJW-Spezial

BRAO §§ 7 Nr. 3, 14 Abs. 2 Nr. 2

Wiederzulassung nach Ausschluss aus der Anwaltschaft

BGH, Beschl. v. 10.05.2010 – AnwZ (B) 43/09 Fundstelle: NJW-Spezial 2010, S. 607

Die Sperrfrist des § 7 Nr. 3 BRAO beginnt mit dem Eintritt der Bestandskraft des Widerrufsbescheids nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 BRAO.

Leitsatz der Schriftleitung der NJW Spezial

ZPO § 174 Abs. 1

Unwirksame Zustellung bei Unterzeichnung des EB durch Assessor

OLG Stuttgart, Beschl. v. 17.05.2010 – 2 Ws 48/10 Fundstelle: NJW-Spezial 2010, S. 575

 

Da „Assessor“ keine berufliche Qualifikation i. S. des § 174 Abs. 1 ZPO ist, kann der Adressat einer Zustellung gegen Empfangsbekenntnis einen Assessor nicht mit seiner Vertretung ermächtigen.

Leitsatz der Schriftleitung der NJW-Spezial

BRAO §§ 59 e Abs. 2 S. 1, 59 f Abs. 1

Mehrheitserfordernisse bei einer Rechtsanwaltsgesellschaf

AnwGH München, Urt. v. 25.02.2010 – BayAGH I 25/09 Fundstelle: NJW-Spezial 2010, S. 606

Bei einer Rechtsanwaltsgesellschaft muss die Mehrheit der Geschäftsanteile und Stimmrechte Anwälten zustehen, da das entscheidende Gewicht bei der Willensbilligung stets den Anwälten selbst zukommen muss.

Leitsatz der Schriftleitung der NJW-Spezial

BRAO §§ 6, 12, 17 Abs. 1, Abs. 2; EMRK Art. 6; GG Art. 3 Abs. 1, 103; SGG §§ 62, 67 Abs. 1, 73 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2 Nrn. 5-9, Abs. 4, 178 a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1

Recht zur Selbstvertretung vor dem BSG – „Rechtsanwalt im Ruhestand“

BSG, Beschl. v. 09.02.2010 – B 3 P 1/10 C (LSG Hessen) Fundstelle: NJW 2010, S. 3388 ff.

Nach dem Erlöschen der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft kann sich ein ehemaliger Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozialrecht in eigener Sache vor dem BSG auch dann nicht selbst vertreten, wenn ihm die Rechtsanwaltskammer die Erlaubnis erteilt hat, die Bezeichnung „Rechtsanwalt im Ruhestand“ zu führen.

Leitsatz des Gerichts

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7

Verlust der Zulassung trotz Anstellungsvertrags

BGH, Beschl. v. 08.02.2010 – AnwZ (B) 67/08 = BeckRS 2010, 07624 Fundstelle: NJW-Spezial 2010, S. 255

Bei Vermögensverfall ist die Zulassung zu widerrufen, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Dies ist nur dann der Fall, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung eine sichere Prognose dahingehend getroffen werden kann, dass sich im Einzelfall die typischen Gefahren, die mit dem Vermögensverfall verbunden sind, nicht realisieren werden. Grundlage einer solchen Prognose ist nicht allein der Abschluss eines Anstellungsvertrags.

 

Leitsatz Redaktion NJW

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7

Zulassungswiderruf trotz Antrags auf Restschuldbefreiung

BGH, Beschl. v. 07.01.2010 - AnwZ (B) 79/09 Fundstelle: NJW-Spezial 2010, S. 222

Der Widerrufsgrund des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO entfällt erst bei Ankündigung der Restschuldbefreiung durch Beschluss des Insolvenzgerichts oder durch die Annahme eines Schuldenbereinigungsplans durch die Gläubiger oder durch die Ersetzung von deren Zustimmung durch das Insolvenzgericht.

Leitsatz der Schriftleitung des KammerReports 

Anmerkung:

Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind.

 

Ein Vermögensverfall ist gegeben, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann und außer Stande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn. Wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des RA eröffnet, wird der Vermögensverfall gesetzlich vermutet.

In diesem letztgenannten Fall können die Vermögensverhältnisse des RA grundsätzlich erst wieder als geordnet angesehen werden mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens, mit der der Schuldner das Recht zurückerhält, über die vormalige Insolvenzmasse frei zu verfügen und mit der Ankündigung der Restschuldbefreiung durch Beschluss des Insolvenzgerichts.

Die Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden entfällt nicht bereits durch die Insolvenzeröffnung und die damit verbundene Verfügungsbeschränkung des Insolvenzschuldners oder mit der Freigabe der Kanzlei durch den Insolvenzverwalter oder mit dem Antrag auf Restschuldbefreiung im Insolvenzverfahren.

Es kann vielmehr in aller Regel erst dann davon ausgegangen werden, dass nicht nur der Vermögensverfall, sondern auch die Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden nach dem Abschluss des Insolvenzverfahrens nicht mehr fortbesteht, wenn das Insolvenzverfahren zu einem Abschluss führt, bei dem mit einer Konsolidierung der Vermögensverhältnisse des Antragstellers gerechnet werden kann. Dies setzt die Ankündigung der Rechtsschuldbefreiung durch Beschluss des Insolvenzgerichts oder die Annahme eines Schuldenbereinigungsplans durch die Gläubiger oder die Ersetzung von deren Zustimmung durch das Insolvenzgericht voraus.

 

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