BGH, Beschluss vom 06.07.2016 - AnwZ (Brfg) 4/16

Aufhebung eines Rügebescheids ohne Begründung

Fundstelle: NJW-Spezial 2016, S. 543

Wird eine Rüge aufgehoben, ist ein Anwalt auch dann rehabilitiert, wenn diese Aufhebung nicht näher begründet wird.

 

Leitsatz des Autors der NJW-Spezial

 

GG Art. 5 I; StGB §§ 185, 193

Einordnung der Äußerung eines Rechtsanwalts als Schmähkritik

BVerfG (3. Kammer des Ersten Senats), Beschluss vom 29.06.2016 - 1 BvR 2646/15

Fundstelle: NJW 2016, S. 2870 ff

1.    Ein Rechtsanwalt ist grundsätzlich nicht berechtigt, aus Verärgerung über von ihm als falsch angesehene Maßnahmen einer Staatsanwältin oder eines Staatsanwalts diese gerade gegenüber der Presse mit Beschimpfungen zu überziehen. Insoweit muss sich im Rahmen der Abwägung grundsätzlich das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen durchsetzen.

 

2.    Die Annahme einer Schmähung hat wegen des mit ihr typischerweise verbundenen Unterbleibens einer Abwägung gerade in Bezug auf Äußerungen, die als Beleidigung und damit als strafwürdig beurteilt werden, ein eng zu handhabender Sonderfall zu bleiben.

 

3.    Die Annahme, die Bezeichnung der mit dem Ermittlungsverfahren betrauten Staatsanwältin gegenüber einem Journalisten als „dahergelaufene Staatsanwältin“, „durchgeknallte Staatsanwältin“, „widerwärtige, boshafte, dümmliche Staatsanwältin“ und „geisteskranke Staatsanwältin“ durch einen Strafverteidiger stelle eine Schmähkritik dar, bedarf in Auseinandersetzung mit der Situation näherer Darlegungen, dass sich die Äußerungen von dem Ermittlungsverfahren völlig gelöst hatten oder der Verfahrensbezug nur als mutwillig gesuchter Anlass oder Vorwand genutzt wurde, um die Staatsanwältin als solche zu diffamieren.

 

Leitsatz der Redaktion der NJW

Keine Fortbildung des Fachanwalts durch Fachbeitrag auf eigener Homepage

BRAO § 43 c IV; FAO § 15

BGH, Urteil vom 20.06.2016- AnwZ (Brfg) 10/15

Fundstelle: NJW 2016, S. 2666

 

Ein nur auf der eigenen Homepage veröffentlichter Fachbeitrag ist keine wissenschaftliche Publikation, mit der ein Fachanwalt seine Fortbildungspflicht erfüllen kann.

 

Leitsatz des Gerichts

 

 

BRAO § 49 b II 2, III 1

Verauslagung von Reparaturkosten durch Anwaltskanzlei

BGH, Urteil vom 20.06.2016 - AnwZ (Brfg) 26/14

Fundstelle: NJW 2016, S. 3105 f.

Die Verauslagung von Reparatur-, Sachverständigen- sowie Abschleppkosten in Höhe der geschätzten Haftungsquote durch eine Anwaltskanzlei stellt einen Verstoß gegen § 49 b III 1 BRAO dar, indem dadurch Vorteile für die Vermittlung von Aufträgen gewährt werden.

 

Leitsatz der Redaktion der NJW

 

BRAO §§ 32 Abs. 1 S. 1, VwVfG § 43 Abs. 2

Folgen eines Verzichts auf den Fachanwaltstitel

BGH, Urteil vom 20.6.2016 - AnwZ (Brfg) 56/15

Fundstelle: NJW-Spezial 2016, S. 542

Verzichtet ein Anwalt auf die ihm verliehene Befugnis zum Führen einer Fachanwaltsbezeichnung, muss diese Befugnis nicht gesondert von der Kammer widerrufen werden.

 

Leitsatz des Autors der NJW-Spezial

 

BRAO § 43 b Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 1

Vorfinanzierung von Schadenaufwendungen durch Rechtsanwälte

BGH, Urteil vom 20.06.2016 - Anwz (Brfg) 26/14

Fundstelle: RVGreport 2017, S. 279 f.

 

Die Verauslagung von Reparatur- und/oder Sachverständigen- und/oder Abschleppkosten für Mandanten im Rahmen der Bearbeitung von Verkehrsunfallangelegenheiten durch einen Rechtsanwalt verstößt gegen § 49 b Abs. 3 Satz 1 BRAO.

 

Leitsatz des Verfassers des RVGreports

 

BRAO § 43 b

Anwaltliche Werbung

AGH NRW, Beschluss vom 03.06.2016 - AGH 1/16

Fundstelle: Bisher nicht veröffentlicht.

 

 

1.    Die Werbung mit der Selbstverständlichkeit, dass ein Rechtsanwalt Mitglied der örtlich für ihn zuständigen Rechtsanwaltskammer ist, stellt keinen Berufspflichtverstoß dar. Denn Werbung mit Selbstverständlichkeiten ist nicht per se, sondern nur unter der weiteren Voraussetzung der Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise unzulässig.3

 

2.    Es ist zulässig, für die anwaltliche Erstberatung eine Gebührenvereinbarung zu treffen, wonach diese unentgeltlich erfolgt. Daraus folgt auch, dass die Werbung mit einer solchen Gebührenpraxis zulässig ist.3

 

3.    Ein Rechtsanwalt ist nicht verpflichtet, auf Briefbögen oder im Internet und damit auch nicht in Zeitungsanzeigen, zwischen seinem Hauptsitz und einer Zweigstelle zu differenzieren. Die Angabe lediglich der Anschriften ist damit zulässig.

 

4.    Die Rechtsanwaltschaft darf unter der Geltung des Sachlichkeitsgebots nicht sämtliche Werbemethoden verwenden, die im Bereich der werbenden allgemeinen Wirtschaft (noch) hinzunehmen wären.

 

5.    Mit der Stellung eines Rechtsanwalts ist im Interesse des rechtsuchenden Bürgers eine Werbung nicht vereinbar, die ein reklamehaftes Anpreisen in den Vordergrund stellt und mit der eigentlichen Leistung des Anwalts sowie dem unabdingbaren Vertrauensverhältnis im Rahmen eines Mandats nichts mehr zu tun hat. Verboten werden können danach unter anderem Werbemethoden, die Ausdruck eines rein geschäftsmäßigen, ausschließlich am Gewinn orientierten Verhaltens sind.

 

6.    Die Grenzen zulässiger Werbung sind überschritten, wenn die Werbung darauf abzielt, gerade durch ihre reißerische oder sexualisierende Ausgestaltung die Aufmerksamkeit des Betrachters zu erregen, mit der Folge, dass ein etwa vorhandener Informationswert in den Hintergrund gerückt oder gar nicht mehr erkennbar ist.

Derartige Werbemethoden sind geeignet, die Rechtsanwaltschaft als seriöse Sachwalterin der Interessen Rechtsuchender zu beschädigen.

 

 

Leitsatz des Verfassers des KammerReports

 

BGB § 134; BRAO §§ 14 II Nr. 8, 43 a IV, 45 I Nr. 4, 59 c; HGB § 84

Nichtigkeit des Anwaltsvertrags bei Vertretung widerstreitender Interessen

BGH, Urteil vom 12.05.2016 – IX ZR 241/14

Fundstelle: NJW 2016, S. 2561 ff.

 

 

1.    Ein Anwaltsvertrag, mit dessen Abschluss der Rechtsanwalt gegen das Verbot verstößt, widerstreitende Interessen zu vertreten, ist nichtig.

 

2.    Ein Anwaltsvertrag verstößt nicht deshalb gegen das Verbot, widerstreitende Interessen zu vertreten, weil der Anwalt im Gebühreninteresse für den Mandanten nachteilige Maßnahmen treffen könnte.

 

 

Leitsatz des Gerichts

 

BRAO § 59 a I 1; PartGG §§ 1 I, II, III, 2

Gemeinschaftliche Berufsausübung eines Anwalts mit Arzt und Apotheker

BGH, Beschluss vom 12.04.2016 - II ZB 7/11

Fundstell: NJW 2016, S. 2263 ff.

 

 

1.    Die Ausübung des selbstständigen Berufs des Apothekers stellt bei nur gutachterlicher und fachlich beratender Tätigkeit die Ausübung eines Freien Berufs im Sinne von § 1 I und II PartGG dar.

 

2.    § 59 a I 1 BRAO (in Verbindung mit § 1 III PartGG) enthält eine abschließende Aufzählung derjenigen Berufe, mit deren Angehörigen sich ein Rechtsanwalt in einer Partnerschaftsgesellschaft zur gemeinsamen Berufsausübung verbinden darf. Mit diesem abschließenden Inhalt ist § 59 a I 1 BRAO insoweit nichtig, als die Regelung einer  Verbindung von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten mit Ärztinnen und Ärzten sowie mit Apothekerinnen und Apothekern zur gemeinschaftlichen Berufsausübung im Rahmen einer Partnerschaftsgesellschaft entgegensteht (BVerfG, NJW 2016, 700 Rn. 44-93).

 

Leitsatz des Gerichts

 

BRAO § 43

Eingeschränkter Anwendungsbereich der allgemeinen Berufspflicht

AnwG Hamburg, Beschluss vom 04.04.2016 – III AnwG 7/15

Fundstelle: NJW-Spezial 2016, S. 479

 

 

Eine Rechtsanwaltskammer kann die Verletzung rein zivilrechtlicher Pflichten durch einen Anwalt regelmäßig nicht über § 43 BRAO mit einer Rüge ahnden.

 

UWG §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 3; BRAO § 43 a Abs. 3

Unlautere Presseäußerung des Anwalts zu Lasten eines Anwaltsnotars

BGH, Urteil vom 31.03.2016 - I ZR 160/14

Fundstelle: NJW-Spezial 2016, S. 478

 

 

 

Der von einem Anwalt in einem Zeitungsartikel gegenüber einem Anwaltsnotar erhobene Vorwurf kriminellen Handelns und einer gezielten Ruinierung von Anlegern kann einen Unterlassungsanspruch wegen Herabwürdigung eines Mitbewerbers begründen.

 

Leitsatz des Autors der NJW Spezial

 

 

BORA § 12

Verstoß gegen das Umgehungsverbot

AnwG Hamburg, Beschluss vom 29.03.2016 - III AnwG 10/15

Fundstelle: NJW-Spezial 2016, S. 639

 

 

Allein die Tatsache, dass der gegnerische Anwalt nicht per Telefax erreichbar ist, auf eine
E-Mail nicht geantwortet hat und auch sonst telefonisch nicht kontaktiert werden kann, vermag die Umgehung dieses Anwalts nicht zu rechtfertigen.

 

Leitsatz des Autors der NJW-Spezaial

 

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