BRAO § 112 a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2; GVG § 17 a Abs. 4 S. 4

 

Abgrenzung der Rechtswegzuständigkeit des Anwaltsgerichtshofs von der des Anwaltsgerichts

 

BGH, Beschl. v. 02.03.2011 – AnwZ (B) 50/10 (AnwGH Hamburg) Fundstelle: NJW 2011, S. 2303 ff.

 

1.   § 112 a Abs. 1 BRAO eröffnet in verwaltungsrechtlichen Anwaltssachen den Rechtsweg zum Anwaltsgerichtshof. Von dieser weit gespannten Zuständigkeit sind alle Streitigkeiten umfasst, die aus der Anwendung der BRAO und der auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen und Satzungen resultieren und die nicht ausdrücklich dem Anwaltsgericht oder einem anderen Gericht zugewiesen sind.

2.   Die Zuständigkeit des Anwaltsgerichts ist beschränkt auf die Verhängung anwaltsgerichtlicher Maßnahmen gegen einen Rechtsanwalt (§§ 113, 114, 119 BRAO) und – in den Fällen geringfügiger Pflichtverletzungen – auf eine gerichtliche Entscheidung gegen eine von der Anwaltskammer erteilte Rüge (§§ 74, 74 a BRAO). Für rechtliche Streitigkeiten, die aus Anlass eines solchen Verfahrens entstehen, ist grundsätzlich keine Annexzuständigkeit des Anwaltsgerichts begründet.2

3.   Verneint der Anwaltsgerichtshof seine Zuständigkeit mit der Begründung, das Anwaltsgericht sei zur Entscheidung über den gestellten Antrag berufen, ist dessen Entscheidung unter den Voraussetzungen des § 17 a Abs. 4 S. 4 GVG mit der Beschwerde zum BGH (§ 112 a Abs. 2 Nr. 2 BRAO) anfechtbar.

 

Leitsatz des Gerichts

BGB §§ 133, 157, 627, 628 Abs. 1, 812; BORA § 32; ZPO § 256 Abs. 1

Übernahme des Mandatsvertrags durch neu gegründete Sozietät

OLG Hamm, Urt. v. 22.02.2011 – 28 U 49/10 Fundstelle: NJW 2011, S. 1606 ff.

Wird dem Mandanten bei der Auflösung einer Anwaltssozietät in einem Mandantenrundschreiben gem. § 32 BORA angeboten, dass das Mandat in einer neu gegründeten Sozietät von der bisherigen Mandatsbearbeiterin fortgeführt werden kann, und bittet der Mandant diese daraufhin, das Mandat weiter zu betreuen, ist in der Regel keine Mandatskündigung gewollt, sondern eine Vertragsübernahme des Anwaltsvertrags durch die Neusozietät.

 

Leitsatz des Gerichts

BGB §§ 823 Abs. 1, 1004; ZPO § 172; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1

Zustellung von Mahnschreiben an Rechtsanwalt statt an Partei

BGH, Urt. v. 08.02.2011 – VI ZR 311/09 (LG Koblenz) Fundstelle: NJW 2011, S. 1005 ff.

1.      Zum Anspruch auf Unterlassung der Zusendung von Mahnschreiben an eine Partei persönlich, für die sich ein Rechtsanwalt bestellt hat.(Leitsatz des Gerichts)

2.      Solange kein Verfahren anhängig ist, besteht keine rechtliche Verpflichtung, nur noch mit dem beauftragten Rechtsanwalt zu korrespondieren. Eine solche Verpflichtung lässt sich weder aus § 172 ZPO noch aus § 12 BORA ableiten.(Leitsatz der Redaktion der NJW)

BRAO §§ 7 Nr. 8, 14 Abs. 2 Nr. 8 

Unzureichende Freistellungserklärung eines Syndikusanwalts

AnwGH Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 21.01.2011 – 1 AGH 72/0 = BeckRS 2011, 13156 Fundstelle: NJW-Spezial S. 350

Die von einem Syndikus vorzulegende Freistellungserklärung muss eine Klausel enthalten, mit der unwiderruflich erklärt wird, dass außerhalb dieser Erklärung keine Vereinbarungen existieren, die die anwaltliche Tätigkeit einschränken können.

Leitsatz der Schriftleitung des NJW Spezial

BRAO § 43 b; BORA §§ 6 Abs. 1, 7 Abs. 1

„Zertifizierter Testamentsvollstrecker (DVEV)“ und „Vorsorgeanwältin“

AGH NW, Urt. v. 07.01.2011 – 2 AGH 36-38/10 Fundstelle: NJW-Spezial 2011, S. 286

Die Verwendung der Bezeichnungen „zert. Testamentsvollstrecker (DVEV)“ und „Vorsorgeanwältin“ auf einem anwaltlichen Briefbogen sind berufsrechtswidrig.(Leitsatz des Rezensenten des KammerReports)

 

RA Benedikt Trockel, Geschäftsführer

 

UWG § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3

„Das Haus der Anwälte“

LG Osnabrück, Urt. v. 22.12.2010 – 1 O 2937/10 = BeckRS 2011, 01092 Fundstelle: NJW-Spezial 2011, S. 255

Die Kanzleibezeichnung „Das Haus der Anwälte“ stellt eine irreführende Angabe über die geschäftlichen Verhältnisse der dort ansässigen Anwälte dar.(Leitsatz des Rezensenten des KammerReports)

BRAO § 59 a; RBerG Art. 1 §§ 3 Nr. 2, 5 Nr. 2; RDG § 5; BGB §§ 675 Abs. 1, 133, 157, 164 Abs. 2

Mandatserteilung an berufsübergreifende Sozietät

 

BGH, Urt. v. 09.12.2010 – IX ZR 44/10 (LG Heilbronn) Fundstelle: NJW 2011, S. 2301 ff.

1.    Eine aus Rechtsanwälten und Steuerberatern bestehende gemischte Sozietät konnte sich auch vor dem Inkrafttreten des Rechtsdienstleistungsgesetzes Mandanten gegenüber zur Erbringung anwaltlicher Dienstleistungen verpflichten.

2.    Hat ein Mandant eine Beratersozietät mit einer Rechtsdienstleistung beauftragt, so kommt ein im engen zeitlichen Anschluss daran erteiltes Folgemandat im Zweifel wiederum mit der Sozietät und nicht mit dem angesprochenen Sozius zu Stande.

Leitsatz des Gerichts

BRAO §§ 2, 59 c Abs. 1, Abs. 2, 59 e Abs. 1 S. 2

Rechtsanwalts-GmbH & Co. KG nicht zulassungsfähig

AnwGH München, Urt. v. 15.11.2010 – BayAGH I – 1/10 = Beck RS 2011, 01039 Fundstelle: NJW-Spezial, S. 127

Eine Rechtsanwalts-GmbH & Co. KG ist nicht zulassungsfähig, da eine Rechtsanwaltsgesellschaft bereits nicht wirksam als KG gegründet werden kann. Denn der Zweck einer Rechtsanwaltsgesellschaft ist nicht auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet, sondern besteht in der Ausübung eines freien Berufs.

Eine Zulassung der Komplementär-GmbH scheitert an § 59 c Abs. 1 BRAO, da die GmbH in diesem Rahmen nicht als reine Berufsausübungsgesellschaft, sondern auch als Beteiligungsgesellschaft konzipiert ist.(Leitsatz des Rezensenten des KammerReports)

BRAO § 43 b; § 7 Abs. 2 BORA; StBerG § 43 Abs. 4 S. 3

Führung der Tätigkeitsbeschreibung „Steuerberatung“

AGH NW, Urt. v. 05.11.2010 – 2 AGH 29 und 30/09 Fundstelle: nicht veröffentlicht

Die Führung der Tätigkeitsbeschreibung „Steuerberatung“ durch Rechtanwälte ist zulässig, jedenfalls sofern die Tätigkeitsbeschreibung nicht in einem unmittelbaren Aufzählungszusammenhang mit einer Berufsbezeichnung geführt wird, die Rechtsanwälte Fachanwälte für Steuerrecht sind und den Fachbereich auch schwerpunktmäßig ausüben.

Leitsatz des Rezensenten des KammerReports

 

Anmerkung:

Eine nahezu ausnahmslos steuerberatend tätige Rechtsanwaltssozietät führt die Kurzbezeichnung „A / B Steuerberatung – Rechtsberatung“. Beide Sozien sind Fachanwälte für Steuerrecht, einer davon zudem noch vereidigter Buchprüfer.

Die Rechtsanwaltskammer sah in der Führung der Bezeichnung „Steuerberatung“ gestützt auf die Entscheidung des BVerfG vom 22. März 2006, 1 BvR 97/06, eine Irreführung und damit einen Verstoß gegen § 7 Abs. 2 2. Alternative BORA, da sie den Eindruck erwecke, als seien die Rechtsanwälte berechtigt, den Titel „Steuerberater“ zu führen.

Dem ist der AGH mit seinen vorgenannten Entscheidungen entgegengetreten. Demnach seien Rechtsanwälte gemäß Art. 12 GG, § 43 b BRAO berechtigt, das „Publikum“ in Form und Inhalt sachlich über ihre berufliche Tätigkeit zu unterrichten. Eine solche sachliche Unterrichtung stelle die Tätigkeitsbeschreibung „Steuerberatung“ dar. Die Tätigkeitsbeschreibung stelle auch keine Irreführung dar, da das fachkundige Publikum wisse, dass außer Steuerberatern im engen Sinne auch noch anderweitige Berufsträger wie insbesondere Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer befugt und in der Lage seien, steuerberatende Tätigkeiten vorzunehmen. Ein solches Publikum setze daher die Bezeichnung „Steuerberatung“ nicht automatisch mit dem Berufstypus des Steuerberaters gleich.

Erwartet werde vielmehr bei Führung der Tätigkeitsbeschreibung eine entsprechende Fachkompetenz. Diese Fachkompetenz sei bei den betroffenen Rechtsanwälten gegeben aufgrund ihrer Qualifikationen als Fachanwälte im Steuerrecht, als vereidigter Buchprüfer und ihrer schwerpunktmäßigen Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerrechts.

Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts liege dagegen ein Sachverhalt zugrunde, in dem eine Berufsbezeichnung mit einer Tätigkeitsbeschreibung verknüpft worden sei („Rechtsanwälte und Steuerberatung“). Ob eine solche aufzählende Verknüpfung eine Irreführung für den Geschäftsverkehr heraufbeschwöre könne im zu entscheidenden Fall dahingestellt bleiben, da dort die Tätigkeitsbeschreibung „Steuerberatung“ nicht mit einer Berufsbezeichnung verbunden worden sei.

 

BRAO § 45 Abs. 1 Nr. 1

Nichtiger Anwaltsvertrag

BGH, Urt. vom 21.10.2010 – IX ZR 48/10 = BeckRS 2010, 28291 Fundstelle: NJW-Spezial 2010, S. 767

Der Anwalt, der zuvor als Notar einen GmbH-Gesellschaftsvertrag beurkundet hat, darf einen Gesellschafter bei der Abwehr eines auf Einzahlung der Stammeinlage gerichteten Anspruchs nicht vertreten.

 

Leitsatz der Schriftleitung der NJW-Spezial

BRAO § 59 b Abs. 2 Nr. 1 g)

Regelungskompetenz auch für ZweigstellenAnmerkung:

Die Satzungsversammlung hatte in ihrer Sitzung am 15. Juni 2009 die Einbeziehung der Zweigstelle in die Regelung des § 5 BORA beschlossen, wonach der Rechtsanwalt verpflichtet sei, die für seine Berufsausübung erforderlichen sachlichen, personellen und organisatorischen Voraussetzungen in Kanzlei und Zweigstelle vorzuhalten.

Das Bundesministerium der Justiz hatte diesen Beschluss aufgehoben, da es die Auffassung vertrat, dass § 59 b Abs. 2 Nr. 1 g) BRAO der Satzungsversammlung keine Kompetenz für Regelungen zur Zweigstelle gewähre. Dieser Beschluss wurde durch Urteil des BGH vom 13. September 2010 aufgehoben, so dass die von der Satzungsversammlung beschlossene Neufassung des § 5 BORA nach Veröffentlichung durch die BRAK in Kraft treten kann.

 

Trockel, Geschäftsführer

 

ZPO §§ 935, 940; UWG §§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 11; BRAO § 43 b; GG Art. 12

Grenzen erlaubter Anwaltswerbung – Rundschreiben an Fondsgesellschafter

KG, Beschl. v. 31.08.2010 – 5 W 198/10 Fundstelle: NJW 2011, S. 865 ff.

 

 

1.     Wenn sich ein Rechtsanwalt in einem Rundschreiben gezielt an die Gesellschafter einer bestimmten Fondsgesellschaft wendet und dabei für das Ziel einer gemeinsamen Rechtsverfolgung gegenüber beratenden Banken und Initiatoren ausdrücklich (unter Hinweis auf eine am Jahresende drohende Verjährung von Ansprüchen und seine Honorarvorstellungen) wirbt, bewegt er sich in einem Grenzbereich wettbewerbsrechtlich zulässiger Anwaltswerbung.(Leitsatz des Gerichts)

2.     Dennoch können die wettbewerbsrechtlichen Grenzen einer Werbung für anwaltliche Dienstleistungen noch nicht überschritten sein, wenn die Fondsgesellschaft nicht notleidend ist, nur auf drohende steuerrechtliche Nachteile und in diesem Zusammenhang nahe liegende Regressansprüche der Fondsgesellschafter aufmerksam gemacht wird, bis zum Ablauf der Verjährungsfrist noch mehrere Monate verbleiben und mit dem Rundschreiben eine Einladung zu einer Informationsveranstaltung des werbenden Rechtsanwalts verbunden ist.(Leitsatz des Gerichts)

3.     Selbst eine auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtete Werbung ist erst dann wettbewerbsrechtlich unlauter, wenn sie auch in ihrer individuellen Ausgestaltung geeignet ist, die Schutzgüter des § 43 b BRAO konkret zu gefährden.(Leitsatz des Gerichts)

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