Mit dem Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz) zielt das Bundesministerium der Finanzen vor allem auf die Schaffung von Investitionsimpulsen und will mehr Steuerfairness schaffen. Daneben sollen neue Meldepflichten für Beraterinnen und Berater sowie Steuerpflichtige bei nationalen Steuergestaltungen eingeführt werden. Die BRAK hat sich bereits in einer Ende Juli veröffentlichten Stellungnahme strikt gegen derartige Meldepflichten ausgesprochen. Sie sieht darin eine nicht verhältnismäßige, nicht hinreichend evaluierte und rechtsstaatsgefährdende Verletzung des Verschwiegenheitsprivilegs rechts- und steuerberatender Berufe, die in keinerlei akzeptablem Kosten-Nutzen-Verhältnis steht.

Der Entwurf des Wachstumschancengesetzes enthält zudem auch Regelungen, mit denen verpflichtend elektronische Rechnungen für die rechts- und steuerberatenden Berufe eingeführt werden sollen. Zwingender Bestandteil einer Rechnung sollen danach unter anderem die Angabe des Leistungsempfängers, also der Mandantin bzw. des Mandanten – sowie Angaben zur Leistung selbst sein. Elektronische Rechnungen sollen als Strukturdatensatz übermittelt werden, der zudem mit einer qualifizierten elektronischen Signatur oder einem entsprechenden (im Entwurf nicht näher benannten) Sicherungsmittel versehen sein muss. Die Regelung soll ab 2026 gelten und betrifft auch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, sofern ihre Mandanten Unternehmer sind. Hintergrund ist, dass die Finanzverwaltung die strukturierten Daten automatisiert auslesen können soll und so Umsatzsteuerbetrug verhindert werden soll.

Zu diesem Teil des Gesetzentwurfs hat die BRAK nunmehr ergänzend Stellung genommen. Darin kritisiert sie erneut, dass die Offenbarung von Informationen über Mandantschaft und Leistung der gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen. Bedenken äußert sie zudem wegen des erheblichen finanziellen und organisatorischen Aufwands und der für Anwältinnen und Anwälte nötigen Investitionen in neue Software-Tools, ohne dass eindeutig geregelt ist, welche Datensätze verwendet werden müssen. Sie weist zudem darauf hin, dass derzeit wohl die wenigsten Mandantinnen und Mandanten qualifizierte elektronische Signaturen und damit die Echtheit der Rechnungen prüfen können.

Die Regelung steht zudem im Widerspruch zu der mit dem erst Ende Oktober vorgelegten Entwurf für ein Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Justiz geplanten Formerleichterung. Nach der dort geplanten Neuregelung des § 10 RVG soll künftig für anwaltliche Rechnungen die Textform ausreichen.


Weiterführende Links:
Stellungnahme Nr. 62/2023
Nachrichten aus Berlin 16/2023 v. 9.8.2023 (zum Referentenentwurf)
Stellungnahme Nr. 43/2023 (zum Referentenentwurf)
Presseerklärung Nr. 6/2023 v. 26.7.2023 (zum Referentenentwurf)
Nachrichten aus Berlin 18/2023 v. 6.9.2023 (zum Regierungsentwurf)
Ulrike Paul und Arndt Chr. Stange im Interview (Podcast „(R)ECHT INTERESSANT!“)
Nachrichten aus Berlin 22/2023 v. 1.11.2023 (zum Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Justiz)