In einer per Video durchgeführten mündlichen Verhandlung genügt es, wenn die Richterbank in der Totalen zu sehen ist. Wenn die Verfahrensbeteiligten die einzelnen Richterinnen und Richter nicht aus der Nähe sehen können, etwa durch eine Zoomfunktion, verletzt das nicht das verfassungsmäßige Recht auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 I 2 GG. Das hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in einem aktuellen Nichtannahmebeschluss entschieden und damit die Anforderungen an die Durchführung von Videoverhandlungen näher konturiert.

Die Beschwerdeführer richten sich gegen die Art und Weise, wie eine mündliche Verhandlung vor dem Finanzgericht durchgeführt wurde. Eingesetzt worden war eine Videokamera, die die Richterbank in der Totalen abbildete. Die Beschwerdeführer monieren, dass sie mangels einer von ihnen steuerbaren Zoomfunktion keine Möglichkeit hatten, die Unvoreingenommenheit der Richter durch einen Blick in deren Gesichter zu überprüfen. Dadurch sehen sie sich in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 I 2 GG verletzt.

Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Zwar umfasse das Recht auf den gesetzlichen Richter auch, dass dieser Richter unvoreingenommen und neutral sein muss; das sei ein Gebot der Rechtsstaatlichkeit. Allerdings hatten die Beschwerdeführer gerade nicht gerügt, dass das Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei oder dass sie nicht die gebotene Neutralität und Unabhängigkeit aufgewiesen hätten. Sie beanstandeten lediglich, dass sie ohne eine steuerbare Zoomfunktion keinen Nahblick auf die Richter hatten und dass sie deshalb nicht prüfen konnten, ob Verhalten oder Gestik und Mimik für eine Befangenheit sprechen könnten. Nach Ansicht des BVerfG führt aber nur ein tatsächlich befangener Richter dazu, dass das Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt ist.

Das BVerfG hat weiter ausgeführt, dass durch die fehlende Überprüfungsmöglichkeit zwar das Recht auf ein faires Verfahren verletzt werden kann. Dies hatten die Beschwerdeführer aber weder gerügt noch lag es nach ihrem Vortrag nahe, zumal sie die Durchführung einer Videoverhandlung selbst beantragt hatten.

Die Verfassungsbeschwerde hatte auch deshalb keine Aussicht auf Erfolg, weil die Beschwerdeführer während der Verhandlung keine etwaigen Einschränkungen ihrer Möglichkeiten beanstandet hatten, das Verhalten oder die nonverbale Kommunikation der Richter zu beobachten. Das hätten sie aber tun müssen, weil das BVerfG nach dem sog. Subsidiaritätsgrundsatz erst nach Ausschöpfung anderweitiger Rechtsschutzmöglichkeiten zur Entscheidung berufen ist.

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