UWG §§ 3, 4 Nr. 11; BRAO § 49 b; RVG § 4 II

Forderungseinzug durch Rechtsanwälte zum Pauschalpreis

OLG Köln, Urt. v. 18.11.2005 – 6 U 149/05 Fundstelle: NJW 2006, S. 923 f. 1.
Das werbliche Angebot eines Rechtsanwalts, den Forderungseinzug bei Forderungen zwischen 5.000 Euro und 1,5 Millionen Euro zu einem Pauschalpreis von 75 Euro netto pro Auftrag durchzuführen – Leistungsspektrum: Mahnschreiben, telefonisches Nachfassen, Mahnbescheid, Vollstreckungsbescheid, Zwangsvollstreckungsmaßnahme – verstößt gegen § 49 b BRAO und ist wettbewerbswidrig.

2.
Wird eine Pauschalvergütung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen angeboten, ist dies mit der Regelung in § 4 II 1 und III RVG nur vereinbar, wenn in jedem Einzelfall das angemessene Verhältnis des Pauschalbetrags zur Leistung, Verantwortung und Haftungsrisiko des Anwalts gewahrt ist.

UWG §§ 4 Nr. 11, 3 Abs. 1, 8 Abs. 1; BerlHG § 34 a Abs. 1 S. 1

Keine Irreführung durch ausländische akademische Titel auf Kanzleibriefkopf

KG, Urt. v. 22. 02.2012 – 5 U 51/11 Fundstelle: NJW 2012, S. 3589 f.

Wird auf einem anwaltlichen Briefkopf ein im außereuropäischen Ausland erworbener akademischer Titel anstatt korrekt mit „LL.M.“ und dem Namen der Hochschule nur mit „LL.M.“ und dem Ort angegeben, liegt darin keine relevante Irreführung des Rechtsverkehrs.

Leitsatz der Redaktion der NJW

UWG §§ 5 Abs. 1 S. 2, 4 Nr. 11; BRAO § 43 b, BORA § 6 Abs. 1; GG Art. 12

Keine irreführende oder unsachliche Werbung mit „Online-Scheidung“

OLG Hamm, Urt. v. 07.03.2013 – 4 U 162/12 Fundstelle: NJW 2013, S. 2038 ff.

  1. Die Aussage “Scheidung online → spart Zeit, Nerven und Geld“ auf der Internetseite eines Anwalts ist jedenfalls dann nicht irreführend, wenn die Art und Weise, wie Kosten gespart werden können, im Folgesatz hinreichend erläutert wird.
  2. In dieser Aussage ist auch keine unsachliche Werbung zu sehen, mit der der Anwalt gegen § 43 b BRAO, § 6 BORA verstößt. Eine solche Wirkung ist ungeachtet einer damit verbundenen Anlockwirkung jedenfalls dann erlaubt, wenn sie – wie hier – keine reklamehafte, gleichsam „marktschreierische“ Gestalt annimmt und auch nicht geeignet ist, das Vertrauen in die Integrität der Anwaltschaft zu beeinträchtigen.
  3. Die Darstellung eines online eingeleiteten Scheidungsverfahrens als formalisiertes Verfahren in neun Schritten ist weder irreführend noch unsachlich, wenn sie wie eine mündliche Beratung wirkt, inhaltlich nicht zu beanstanden ist und dabei auch nicht den Eindruck erweckt, dass eine anwaltliche Beratung in keinem Fall stattzufinden braucht.

    Leitsatz des Gerichts

UWG §§ 5 I, 3

Irreführende Werbung mit der Aussage „Erster Fachanwalt für … in …“

OLG Bremen, Urt. v. 11.01.2007 – 2 ZU 107/06 Fundstelle: NJW 2007, S. 1539 f. Die werbliche Aussage eines Anwalts, er sei „Erster Fachanwalt für Erbrecht“ in einer bestimmten Stadt, ist irreführend i. S. des § 5 I UWG und damit als unlautere Wettbewerbshandlung i. S. von § 3 UWG unzulässig.

UWG §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 5, 4 3; BRAO §§ 49 b Abs. 1 S. 1, 43 b; BORA §§ 6 – 10; RVG § 4 Abs. 2 S. 3

Werbung mit niedrigen Pauschalsätzen

OLG Stuttgart, Urt. v. 28.12.2006 – 2 U 134/06 (noch nicht veröffentlicht) Eine Werbung mit einem Pauschalsatz von € 20,00 brutto für eine außergerichtliche Beratung ist nicht wettbewerbswidrig.

Anmerkung:
Das OLG Stuttgart hebt mit diesem Urteil das angefochtene Urteil des LG Ravensburg vom 28. Juli 2006, 8 O 89/06 KfH 2 auf.

Das LG Ravensburg hatte (siehe KammerReport 4/2006, S. 26) die Werbung mit einem Pauschalpreis von € 20,00 inklusive Mehrwertsteuer oder ähnlich niedrigen Pauschalsätzen für Beratungen von Verbrauchern in allen Angelegenheiten für wettbewerbswidrig erachtet, da mit geringeren Gebühren geworben wird, als es das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) vorsieht. Denn nach § 49 b Abs. 1 S. 1 BRAO, so das LG Ravensburg, sei auch die Vorschrift des § 4 Abs. 2 S. 3 RVG zu beachten, wonach die vereinbarte Vergütung in einem angemessenen Verhältnis zu Leistung, Verantwortung und Haftungsrisiko des Rechtsanwalts stehen müsse. Diese Verhältnismäßigkeit sei bei Kosten in Höhe von € 20,00 für Beratungsleistungen in allen Angelegenheiten des Verbrauchers nicht mehr gewahrt.

Nach Ansicht des OLG Stuttgart hat der Gesetzgeber durch die zum 01.07.2006 wirksam gewordene Neuregelung des § 34 RVG und des VV-RVG die bis dahin im RVG für die außergerichtliche Beratung vorgesehenen gesetzlichen Gebühren ersatzlos wegfallen lassen wollen. Eine ab dem 01.07.2006 geschlossene Gebührenvereinbarung könne dann aber nicht mehr gegen § 49 b Abs. 1 S. 1 BRAO verstoßen, da es keine gesetzlichen Gebühren gäbe, die durch die Gebührenvereinbarung unterschritten werden könnten.
Als gesetzliche Gebühr komme insbesondere nicht die in § 34 Abs. 1 S. 2 RVG angesprochene Vergütung nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts in Betracht, da eine solche Vergütung nur dann zustehe, wenn eine Vergütungsvereinbarung nicht getroffen worden sei. Dies sei vorliegend aber gerade nicht der Fall. Als gesetzliche Gebühren könne ferner auch nicht eine nach den Grundsätzen des § 4 Abs. 2 S. 3 RVG bemessene Pauschal- oder Zeitvergütung angesehen werden, da diese Norm auf eine Gebührenvereinbarung nach § 34 Abs. 1 S. 2 RVG für eine außergerichtliche Beratung, Gutachtenerstellung oder Mediation keine Anwendung finde. Denn § 4 Abs. 2 S. 3 RVG knüpfe unmittelbar an die Regelung in § 4 Abs. 2 S. 1 RVG an. Diese wiederum gelte aber nur für solche Gebührenvereinbarungen, durch die die im RVG für außergerichtliche Tätigkeiten vorgesehenen gesetzlichen Gebühren unterschritten werden. Sie gelte dagegen nicht für solche Vereinbarungen, die außergerichtliche Tätigkeiten betreffen, für die das RVG überhaupt keine gesetzliche Gebühr (mehr) vorsieht.
Schließlich sei die beanstandete Werbung auch nicht aus sonstigen Gründen wettbewerbswidrig. Um den Gefahren, die aus einer wechselseitigen Preisunterbietung für den Berufsstand des Rechtsanwalts und die Qualität der Rechtsberatung ausgehen, zu begegnen, habe der Gesetzgeber in § 49 b Abs. 1 BRAO und den Regelungen des RVG eine abschließende, den Preiswettbewerb beschränkende gesetzliche Regelung getroffen. Soweit diese Regelungen ausnahmsweise keine Beschränkungen bei der Preisgestaltung vorsähen, wie hier für den Bereich der außergerichtlichen Beratung, müssten sich auch die Rechtsanwälte dem (Preis-)Wettbewerb stellen. Die allgemeinen Grundsätze des Wettbewerbsrechts würden insofern auch für sie gelten.

UWG §§ 8 I, 3, 11; BRAO 43 b, 43 c; BORA § 6

Unzulässige Werbung mit mehreren Fachanwaltsbezeichnungen

OLG Naumburg, Urt. v. 26.02.2007 – 10 U 79/06 Fundstelle: NJW 2007, S. 1537 ff. Wirbt ein Anwalt auf seiner Internetseite damit, dass er eine Spezialisierung als Fachanwalt auf einem bestimmten Rechtsgebiet erworben hat, diese Bezeichnung aber nicht führt, da das Berufsrecht lediglich zwei Fachanwaltstitel pro Berufsträger zulässt, ist dies irreführend.

UWG §§ 8, 3, 4 Nr. 11; BORA § 12

Verstoß gegen § 12 BORA kein Wettbewerbsverstoß

OLG Nürnberg, Urt. v. 27.07.2004 – 3 U 2102/04 Die § 12 BORA missachtende unmittelbare Kontaktaufnahme mit dem anwaltlich vertretenen Gegner löst keinen Unterlassungsanspruch gem. §§ 8, 3, 4 UWG aus, da § 12 BORA keine wettbewerbsbezogenen Zwecke verfolgt (ebenso OLG Köln; NJW-RR 2003; 194 zu § 1 UwG a. F.).

§ 12 BORA verbiete, so dass Gericht, jeden unmittelbaren Kontakt mit der Gegenseite. Hierbei komme es nicht darauf an, von wem die Initiative ausgeht und ob der Kontakt von dem Mandanten selbst gewünscht wird. So lange der andere Anwalt mandatiert ist, verstoße der von der Gegenpartei angesprochene Rechtsanwalt gegen das Umgehungsverbot, wenn er sich auf das Gespräch einlässt.

Ein Verstoß gegen § 12 BORA begründe jedoch keinen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch, da der Vorschrift der erforderliche wettbewerbsbezogene Charakter fehle.

Zwar sei § 12 BORA eine wertbezogene Norm, denn sie schütze das wichtige Gemeinschaftsgut der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege. Sie sei aber als wettbewerbsrechtlich neutrale Norm anzusehen, da sie keinen Schutz vor anwaltlicher Konkurrenz biete. Daher entfalle die Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG, dessen Aufgabe es sei, das Marktverhalten zu regeln.

Ein Unterlassungsanspruch ergebe sich auch nicht aus §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB, da der Verstoß gegen das Umgehungsverbot des § 12 BORA keinen unmittelbaren Eingriff in die Berufsausübung begründe, sondern einen allenfalls zu einer mittelbaren Beeinträchtigung führen könne.

Weiterleitung vom unzuständigen Gericht
KG, Beschl. v. 30.1.2023 – 24 U 128/23
Fundstelle: BRAK-Mitt. 2/2023, S. 90


Wird eine Rechtsmittelschrift beim unzuständigen Gericht eingereicht, kann innerhalb eines Zeitraums von sieben Arbeitstagen die Weiterleitung dieses Schriftsatzes per EGVP an das zuständige Berufungsgericht erwartet werden.


Leitsatz der Redaktion der BRAK-Mitteilungen

Wird die Mandatserteilung unter Rechtsanwälten von der Vereinbarung einer Gebührenteilung abhängig gemacht, so beinhaltet dies eine gegen die guten Sitten verstoßene Wettbewerbshandlung

OLG Rostock, U. v. 17. Juli 2002 – 2 U 43/01 (Fundstelle: NRW-RR 2002, 1495 f.) .

ZPO §§ 127, 748

Titelumschreibung auf Abwickler

OLG Karlsruhe, Beschl. v. 09.08.2004 – 19 W 41/034 (Fundstelle: NJW 2005, 912) Der Kanzleiabwickler ist hinsichtlich der von ihm verwalteten Rechtsanwaltsanderkonten Rechtsnachfolger i. S. des § 727 ZPO. Die Vollstreckungsklausel eines gegen den früheren Rechtsanwalt erwirkten Titels ist analog § 748 II ZPO gegenüber dem Abwickler umzuschreiben.

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