Die US-Regierung ging in den vergangenen Monaten gegen mehrere Anwaltskanzleien mit sog. Executive Orders vor. Damit wurden den Kanzleien unter anderem Sicherheitsfreigaben entzogen sowie der Zugang zu Regierungsgebäuden und zu Regierungsaufträgen verwehrt. Um die damit verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen abzuwenden, schlossen einige der Kanzleien Vereinbarungen mit der Regierung, in denen sie sich u.a. verpflichteten, umfangreiche pro bono-Leistungen im Sinne der Regierung zu erbringen, ihre Diversity-Programme einzustellen oder andere Zugeständnisse zu machen.
Der damit verbundene Eingriff in die Unabhängigkeit der Kanzleien sorgte in den USA und international für Proteste; u.a. stellten sich zahlreiche internationale Anwaltsorganisationen – darunter auch die BRAK – gegen die Maßnahmen der US-Regierung. Die „deals“ werfen zudem für die deutschen Niederlassungen der Kanzleien berufsrechtliche Fragen auf.
Hintergrund ist, dass ausländische Berufsausübungsgesellschaften, die nicht aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums kommen, nur unter den in § 207a der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BRAO) bestimmten Voraussetzungen Rechtsdienstleistungen in Deutschland erbringen dürfen. Für sie gilt danach das deutsche Berufsrecht, auch die Pflicht zur Unabhängigkeit, und sie unterliegen der Berufsaufsicht der deutschen Rechtsanwaltskammern.
In einer gemeinsamen Erklärung äußerten sich nun die Rechtsanwaltskammern München und Frankfurt, in deren Kammerbezirken mehrere der betroffenen US-Kanzleien ansässig sind. Sie betonen, dass berufsrechtliche Maßnahmen derzeit nicht als vorrangig angesehen würden. Um die Situation sachgerecht berufsrechtlich bewerten zu können, sei zunächst eine belastbare Tatsachengrundlage nötig. Man stehe im Austausch mit den Kanzleien und biete Unterstützung an, um ihre berufsrechtliche Integrität zu sichern und ihre anwaltliche Unabhängigkeit auch unter externer Einflussnahme aufrechtzuerhalten.
Die beiden Kammern appellieren außerdem an die internationale Solidarität der Anwaltschaft. Nur gemeinsam könne garantiert werden, dass Anwältinnen und Anwälte überall auf der Welt ohne Furcht vor staatlicher Einflussnahme tätig sein können.
Weiterführende Links:
Gemeinsame Presseerklärung der Rechtsanwaltskammern München und Frankfurt
Suliak, LTO v. 6.6.2025
Gemeinsame Erklärung internationaler Anwaltsorganisationen (englisch)
Nachrichten aus Berlin 6/2025 v. 19.3.2025