Die Frage, ob auch bei beA-Nachrichten von Berufsausübungsgesellschaften (BAG) Personenidentität zwischen Signatur und Versand erforderlich ist, bleibt bislang ungeklärt. Laut aktuellem BGH-Beschluss vom 16.9.2025 (VIII ZB 25/25) muss bei einer Einreichung über das Gesellschaftspostfach einer Berufsausübungsgesellschaft nicht zwingend der einfach signierende Anwalt auch der versendende VHN-Berechtigte sein – anders als bei Einreichungen über das persönliche Anwaltspostfach.
Der Fall: Einfache Signatur über BAG-Postfach
Eine Rechtsanwaltsgesellschaft reichte für die Klägerin eine Berufungsbegründung über ihr Gesellschaftspostfach ein. Der Schriftsatz war von einem Partner einfach signiert (maschinenschriftlicher Name). Das Landgericht sah die Form des § 130a III 1 Hs. 2 ZPO als nicht gewahrt an. Es forderte – in Anlehnung an die Rechtsprechung zum persönlichen beA – eine Identität zwischen dem Absender (laut Prüfvermerk: die Gesellschaft) und der signierenden Person (dem Anwalt). Da diese Identität fehle, sei die Einreichung unwirksam.
Rechtsprechung zum persönlichen beA nicht übertragbar
Der BGH stellt fest, dass die Berufungsbegründung formwirksam eingereicht wurde und die Rechtsauffassung des Landgerichts fehlerhaft ist. Er stellt klar, dass die Anforderung der Personenidentität (Postfachinhaber = Signierender = Sender) nur für das persönliche Postfach von Anwältinnen und Anwälten (§ 31a BRAO) gilt. Diese Grundsätze können nicht auf das Gesellschaftspostfach übertragen werden.
Systemimmanente Trennung von Absender und Handelndem
Beim Gesellschaftspostfach ist die Gesellschaft (eine juristische Person) die Postfachinhaberin und damit die „Absenderin“. Sie muss sich für die Signatur und den Versand zwingend durch eine natürliche Person (eine Anwältin bzw. einen Anwalt) vertreten lassen. Die vom Landgericht geforderte Identität (Gesellschaft = Anwältin/Anwalt) ist logisch unmöglich und würde die Nutzung des Gesellschaftspostfachs für einfach signierte Dokumente entgegen dem Willen des Gesetzgebers vereiteln.
Maßstab für die Wirksamkeit beim Gesellschaftspostfach
Für die Formwirksamkeit genügt es, dass der Schriftsatz einfach signiert ist und über den sicheren Übermittlungsweg „Gesellschaftspostfach“ versandt wird. Dieser Versand muss durch eine Person erfolgen, der die Gesellschaft das Recht zur Versendung eingeräumt hat (sog. VHN-Berechtigter). Dies muss ein vertretungsberechtigter und postulationsfähiger Anwalt bzw. ein solche Anwältin der Gesellschaft sein (§ 23 III 7 RAVPV). Dass diese Voraussetzung erfüllt ist, wird durch den vertrauenswürdigen Herkunftsnachweis (VHN) bestätigt.
Offene Frage: Identität von Signierendem und Sendendem?
Die Entscheidung lässt eine wichtige, aber für diesen Fall nicht tragende Rechtsfrage offen: Muss der Anwalt, der den Schriftsatz einfach signiert, identisch sein mit dem VHN-berechtigten Anwalt, der den Versand vornimmt?Der Senat neigt dazu, dies zu verneinen. Er zieht die Parallele zum Behördenpostfach, bei dem die Rechtsprechung eine solche Identität ebenfalls nicht fordert. Eine abschließende Entscheidung hierzu war jedoch nicht nötig.
Bedeutung des beA-Nachrichtenjournals
Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin mittels eines beA-Nachrichtenjournals nachgewiesen, dass der signierende Anwalt den Versand selbst vorgenommen hatte. Der BGH rügt, dass das Landgericht diesen Beweis – unter Verletzung des rechtlichen Gehörs – ignoriert hat. Solange der VHN aus technischen Gründen die Person des Senders nicht ausweist, muss der Partei der Nachweis über das Nachrichtenjournal offenstehen.
Weiterführender Link:
BGH, Beschluss v. 16.9.2025 – VIII ZB 25/25