von Rechtsanwältin Dr. Tanja Nitschke, Mag. rer. publ., BRAK, Berlin

Berlin, 05.02.2020 (Veröffentlichung aus dem BRAK-Magazin Heft 1/2020)

Schriftsätze bei Gericht einreichen – das ist für die meisten Anwältinnen und Anwälte ganz alltäglich und welche Formalien zu beachten sind, wissen sie aus dem Effeff. Zumindest, solange die Schriftsätze per Post oder per Fax ans Gericht gehen. Beim Versand über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) ist der eine oder die andere noch nicht so routiniert und die gesetzlichen Vorgaben sind nicht so geläufig. Und nun hört man auch noch, dass Gerichte Schriftsätze schon zurückweisen, wenn man nicht die richtige PDF-Version verwendet hat. Was dahinter steckt und wie die – eigentlich gar nicht so schwierigen – Vorgaben aussehen, soll im Folgenden näher betrachtet werden.

Wann braucht man eine qualifizierte Signatur?

Die qualifizierte elektronische Signatur (qeS) ist das erste Stichwort, das vielen in den Sinn kommt, wenn es um elektronischen Rechtsverkehr geht. Sie ersetzt die handschriftliche Unterschrift. Anstelle der qeS gilt gem. § 130a III, IV Nr. 2 ZPO als Schriftformersatz auch, wenn die Anwältin oder der Anwalt, die/der das Dokument verantwortet, es einfach signiert (also ihren/seinen Namen darunter schreibt und damit die Verantwortung für den Schriftsatz zu erkennen gibt) und aus dem eigenen beA an das Gericht sendet. Nutzt man diesen sog. sicheren Übermittlungsweg, ist also keine qeS erforderlich. Das gilt jedoch nur, wenn die signierende Person identisch ist mit derjenigen, aus deren beA das Dokument dann versandt wird.[1] Wenn jemand anderes (z.B. der Kanzleimitarbeiter oder die vertretende Kollegin) das Dokument versenden soll, ist eine qeS der Anwältin oder des Anwalts erforderlich.

Das zum Schriftformersatz Gesagte gilt gem. § 130a I ZPO – und den parallelen Vorschriften in den übrigen Verfahrensordnungen – für vorbereitende Schriftsätze, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Parteien sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter. Anlagen müssen nicht qualifiziert signiert bzw. per „sicherem Übermittlungsweg“ eingereicht werden. Das hat der Gesetzgeber zum 1.1.2020 ausdrücklich in § 130a III 2 ZPO klargestellt.

Was ist „für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet“?

Bevor man ans Signieren (oder den „sicheren Übermittlungsweg“) geht, muss logisch die Frage stehen, was für ein Dokument man signiert. Für die einzureichenden Schriftsätze u.a. findet sich in § 130a II 1 ZPO die etwas kryptisch klingende Formulierung, sie müssten „für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet“ sein. Das bedeutet vor allem, dass das elektronische Dokument ein für das Gericht lesbares Format haben muss.

Die Anforderungen hierfür sind in § 2 der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs (ERVV) definiert: Das Dokument soll „in druckbarer, kopierbarer und, soweit technisch möglich, durchsuchbarer Form im Dateiformat PDF“ übermittelt werden.

Druckbar und kopierbar sind in der Regel alle mit üblicher Office-Software erzeugten PDF-Dokumente, es sei denn, man ändert die entsprechenden Einstellungen.

Seit dem 1.7.2019 gilt zusätzlich, dass die PDF-Dokumente durchsuchbar sein müssen. Das bedeutet, dass man darin im Volltext nach Worten suchen oder sie markieren kann. Bei Textdokumenten, die als PDF gespeichert oder gedruckt werden, ist das meistens der Fall; bei Scans nur, wenn eine Texterkennung gelaufen ist. Die durchsuchbare Form muss nur genutzt werden, soweit sie technisch möglich ist – also z.B. nicht, wenn das Ausgangsdokument handschriftlich ist oder Abbildungen enthält, die per Texterkennung nicht zu erfassen sind. Nähere Hinweise dazu enthält der beA-Newsletter 20/2019.

Insbesondere: PDF/A-Format

Technisch gibt es unterschiedliche Varianten des Formats PDF. In Nr. 1 der Bekanntmachung nach
§ 5 ERVV (ERVB 2019) hat der Gesetzgeber Details dazu festgelegt, welche Varianten verwendet werden dürfen. Zulässig ist insbesondere das Format PDF/A-1. Nr. 1 ERVB 2019 verlangt in erster Linie, dass alle für die Darstellung des Dokuments notwendigen Inhalte (insb. Grafiken und Schriftarten) in das Dokument eingebettet sind.

Darauf muss vor allem achten, wer für seine Kanzlei ein Logo und eine besondere Schriftart als CD-Schrift verwendet; Standardschriftarten müssen in der Regel nicht extra eingebettet werden, sie sind in den gängigen PDF-Programmen bereits enthalten. Sind Schriftarten nicht eingebettet, besteht die Gefahr, dass das Anzeigeprogramm sie durch eigene Schriften ersetzt und der Text deshalb fehlerhaft dargestellt wird. Oder das Anzeigeprogramm könnte versuchen, fehlende Schriftarten aus dem Internet nachzuladen. Eine Anleitung, wie man Dokumente im PDF/A-Format erzeugt, und weitere Informationen sind im beA-Newsletter 2/2020 zu finden.

 

Gerichtliche Hinweispflicht

Sollte ein elektronisches Dokument für das Gericht gleichwohl nicht zur Bearbeitung geeignet sein, sieht § 130a VI ZPO eine Hinweispflicht vor: Das Gericht muss den Absender unverzüglich darauf hinweisen, dass der Eingang unwirksam ist und welche technischen Rahmenbedingungen einzuhalten sind. Das Dokument gilt als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt.

Von Viren und Anlagenkonvoluten

Zwei weitere Punkte sollte man vor dem Versand eines Schriftsatzes samt Anlagen ebenfalls noch bedenken:

Eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist es, das eigene System regelmäßig auf Viren und andere Schadsoftware zu prüfen und dafür zu sorgen, dass man keine infizierten Dateien an andere versendet. In manchen Ländern (z.B. Bremen und Hamburg) weist die Justiz in ihren Bekanntmachungen zum ERV extra darauf hin, dass infizierte Dateien nicht bearbeitet werden können und deshalb auch nicht als zugegangen gelten – selbst wenn sie ansonsten alle in § 2 ERVV und der ERVB genannten Formalien erfüllen.

Wer Anlagen versendet, kann den Gerichts-Geschäftsstellen die Arbeit leichter machen: § 2 II ERVV sieht – als Soll-Vorschrift – vor, dass man als Anlage übermittelte Dokumente mit aussagekräftigen Dateinamen versieht und sie fortlaufend nummeriert (z.B. Klageschrift; Anlage1 usw.). Konvolute von Anlagen in einer Datei zusammenzufassen, quasi als digitales Abbild des zusammengetackerten Anlagenstapels, sollte man vermeiden, da dies zu Zuordnungsproblemen führen kann. Besser ist es, jeweils nur ein Dokument in einer Datei zu übersenden.

  • 130a ZPO Elektronisches Dokument

(1) Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Parteien sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter können nach Maßgabe der folgenden Absätze als elektronische Dokumente bei Gericht eingereicht werden.

(2) Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen. […]

(6) Ist ein elektronisches Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet, ist dies dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs und auf die geltenden technischen Rahmenbedingungen unverzüglich mitzuteilen. Das Dokument gilt als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt.

  • 2 ERVV Anforderungen an elektronische Dokumente

(1) Das elektronische Dokument ist in druckbarer, kopierbarer und, soweit technisch möglich, durchsuchbarer Form im Dateiformat PDF zu übermitteln. Wenn bildliche Darstellungen im Dateiformat PDF nicht verlustfrei wiedergegeben werden können, darf das elektronische Dokument zusätzlich im Dateiformat TIFF übermittelt werden. Die Dateiformate PDF und TIFF müssen den nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 bekanntgemachten Versionen entsprechen. […]

Bekanntmachung zu § 5 ERVV vom 20.12.2018 (ERVB 2019)

  1. Hinsichtlich der zulässigen Dateiversionen PDF, insbesondere PDF/A-1, PDF/A-2, PDF/UA, müssen alle für die Darstellung des Dokuments notwendigen Inhalte (insbesondere Grafiken und Schriftarten) in der Datei enthalten sein. Ein Nachladen von Datenströmen aus externen Quellen ist nicht zulässig. Der Dokumenteninhalt muss orts- und systemunabhängig darstellbar sein. […]

 

[1] Vgl. BT-Drs. 17/12634, 25; s. auch OLG Braunschweig, BRAK-Mitt. 2019, 156; BAG, Beschl. v. 24.10.2019 – 8 AZN 589/19.