von

RA und Notar a.D. Wolfgang Ehrler, Herdecke

Vizepräsident des Versorgungswerks der Rechtsanwälte im Lande NRW

KammerReport 3/2018 vom 25.06.2018 S. 23 f

 

Allgemeines:

 

Im Jahr 1985 wurde das Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen gegründet. Lt. Errichtungsgesetz müssen alle seitdem bei einer Rechtsanwaltskammer in NRW zugelassenen Kolleginnen und Kollegen Pflichtmitglieder des Versorgungswerks werden. Als Körperschaft des Öffentlichen Rechts stellt das Versorgungswerk eine echte Altersvorsorge dar, vergleichbar mit der Deutschen Rentenversicherung Bund. Jedes Mitglied des Versorgungswerks hat die Möglichkeit, sich von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien zu lassen.

 

Die Pflichtmitgliedschaft begründet in diesem Zusammenhang auch Rechte, nämlich:

 

sofortigen Schutz ohne Wartezeit;

keine Gesundheitsprüfung;

kein höherer Beitrag bei erhöhtem Risiko.

 

Die Leistungen des Versorgungswerks bestehen in der Gewährung von Altersrente, Berufsunfähigkeitsrente, Zuschüssen für Reha-Maßnahmen und Sterbegeld für die Mitglieder sowie Witwen- und Waisenrenten für Angehörige.

 

Das Versorgungswerk der Rechtsanwälte NRW hat heute ca. 36.000 Mitglieder. Der jährliche Zuwachs liegt bei etwa 1.000 Mitgliedern. Die Kapitalanlagen haben mehr als sieben Milliarden Euro erreicht. Davon entfallen auf

 

Spezialfonds Renten      27,5 %

Renten Direktanlagen     20,0 %

Spezialfonds Aktien      23,0 %

Immobilienfonds         15,0 %

Immobilienbeteiligungen   2,0 %

Grundstücke u. Gebäude  4,0 %

Alternative Investments    5,0 %

Hypothekendarlehn       0,5 %

Kurzfristige Anlagen      3,0 %

 

Das Versorgungswerk der Rechtsanwälte NRW ist eines der größten Versorgungswerke bundesweit und Mitglied der ABV Arbeitsgemeinschaft der berufsständischen Versorgungswerke.

 

Das Finanzierungsverfahren:

 

Das Finanzierungssystem ist das offene Deckungsplanverfahren. Vereinfacht ausgedrückt handelt es sich dabei um eine Mischung aus Umlageverfahren und Kapitalbildungsverfahren. Damit werden Rücklagen gebildet, so dass im Prinzip jedes Mitglied seine eigene Rente selbst anspart. Demgegenüber beruht das Finanzierungsverfahren der gesetzlichen Rentenversicherung nur auf dem Umlageverfahren, was bedeutet, dass die heutigen Erwerbstätigen die heutigen Renten finanzieren.

Die an das Versorgungswerk zu zahlenden Beiträge richten sich nach der Höhe des Einkommens, was insbesondere jüngeren Kolleginnen und Kollegen, die noch nicht so viel Umsatz erwirtschaften, einen "niedrigschwelligen" Einstieg in das Versorgungswerk ermöglicht. Dabei verbleiben durchaus noch Gestaltungsmöglichkeiten. So ist es laut Satzung möglich, freiwillige Zuzahlungen bis zur Höhe von 15/10 des Regelpflichtbeitrages zu zahlen oder die Altersrente vorzuziehen oder hinauszuschieben.

 

Die Gremien:

 

a)    Die Vertreterversammlung:

Zentrales Gremium des Versorgungswerks ist die Vertreterversammlung. Sie besteht aus 30 Mitgliedern, jeweils 10 aus den Kammerbezirken Hamm, Köln und Düsseldorf. Die Aufgaben der Vertreterversammlung sind in § 6 der Satzung geregelt.

 

§ 6 Aufgaben der Vertreterversammlung:

 

(1)  Die Vertreterversammlung beschließt über

1.    Erlass und Änderung der Satzung einschließlich einer Wahlordnung und die Genehmigung von Überleitungsabkommen; 

2.    Wahl und Abberufung der Mitglieder des Vorstandes in den von der Satzung vorgesehenen Fällen;

3.    Feststellung des Jahresabschlusses und Entlastung des Vorstandes;

4.    Festsetzung der Beiträge und Bemessung der Leistungen, insbesondere über die Verwendung der Rückstellung für Überschussbeteiligung, die Deckung eines Bilanzverlustes und die Festsetzung des Ausbildungsfreibetrages.

 

(2)  Beschlüsse der Vertreterversammlung zu Absatz 1 Nummer 4 bedürfen der Genehmigung der Versicherungsaufsichtsbehörde. 

 

b) Der Vorstand:

 

Die Vertreterversammlung wählt den Vorstand, der aus sieben Personen besteht, von denen drei der Rechtsanwaltskammer Hamm und jeweils zwei den Rechtsanwaltskammern Köln und Düsseldorf angehören. § 8 der Satzung bestimmt die Aufgaben des Vorstands:

 

§ 8 Aufgaben des Vorstandes und des Präsidenten

 

(1)   Der Vorstand führt die Geschäfte des Versorgungswerks. Ihm obliegen alle Aufgaben, die nicht der Vertreterversammlung vorbehalten sind oder zur Zuständigkeit des Geschäftsführers gehören. Der Vorstand beschließt auf der Grundlage eines versicherungsmathematischen Gutachtens den Technischen Geschäftsplan. Dieser bedarf der Genehmigung der Versicherungsaufsichtsbehörde.

 

(2)   Der Vorstand ist verpflichtet, jährlich, spätestens sieben Monate nach Beendigung des Geschäftsjahres, einen Geschäftsbericht und die von einem Wirtschaftsprüfer geprüfte Bilanz mit der Gewinn- und Verlustrechnung (Jahresabschluss) der Vertreterversammlung zur Feststellung vorzulegen.

 

(3)   Der Präsident leitet den Vorstand und vertritt, vorbehaltlich des § 6 RAVG, das Versorgungswerk gerichtlich oder außergerichtlich. Er führt die Aufsicht über den Geschäftsführer und bestellt den Wirtschaftsprüfer auf Beschluss des Vorstandes. Der Vizepräsident vertritt den Präsidenten.

 

c) Der Geschäftsführer:

 

Der Geschäftsführer leitet die Geschäftsstelle. Er führt die laufenden Verwaltungsgeschäfte nach den vom Vorstand bestimmten Grundsätzen und vollzieht die Beschlüsse des Vorstandes. Er wird auf Beschluss des Vorstandes vom Präsidenten bestellt. Er nimmt an den Sitzungen des Vorstandes mit beratender Stimme teil. Über die Entlastung des Geschäftsführers entscheidet der Vorstand.

 

Darstellung der Arbeit der Gremien:

 

Die Vertreterversammlung tagt je nach Bedarf ein- bis zweimal pro Jahr. Vor der Tagung der Vertreterversammlung erhält jedes Mitglied den von den Wirtschaftsprüfern testierten Jahresabschluss und das versicherungsmathematische Gutachten mit Empfehlungen für die Mittelverwendung. Häufig ist auch über Satzungsänderungen bzw. -anpassungen zu beschließen, welche von dem Satzungsausschuss, bestehend aus Mitgliedern der Vertreterversammlung, vorbereitet werden.

 

Der Vorstand findet sich jeden Monat zusammen. Regelmäßige Themen sind die Berichte der Geschäftsführung über die aktuelle Kapitalmarktlage und die Entwicklung der getätigten Anlagen. Neue Anlagemöglichkeiten werden vorgestellt und, sofern der Vorstand diese für lohnenswert erachtet, der Fondmanager zu einer Präsentation (sogenannter Beautycontest) eingeladen, bei der er sich und sein Unternehmen den Fragen der Vorstandsmitglieder stellen muss.

 

Der Vorstand des Versorgungswerks folgt bei den Anlageentscheidungen dem Prinzip: Sicherheit geht vor Rendite! Aus diesem Grund wird der Großteil des Vermögens in festverzinslichen Wertpapieren mit festen Laufzeiten angelegt. Da diese jedoch seit der Finanzmarktkriese kaum noch auskömmliche Renditen bringen, sind in die Assetklassen Aktienfonds, Immobilienfonds und alternative Anlagen deutlich höhere Investitionen getätigt worden. Bei den jeweiligen Anlagen wird der Vorstand von externen unabhängigen Fachleuten beraten und unterstützt. Die Anlagepolitik berücksichtigt dabei die einschlägigen versicherungsaufsichtsrechtlichen Bestimmungen. Das Ministerium für Finanzen NRW als Aufsichtsbehörde hat dem Versorgungswerk bestätigt, dass es über ein professionelles Risikomanagement verfügt.

 

Alle Vorstandsmitglieder sind zugleich Mitglieder in den Anlageausschüssen, denen die kontinuierliche Überwachung des jeweiligen Investments obliegt. Da das Versorgungswerk weltweit investiert ist, ist mit der Wahrnehmung der Aufgaben in den Anlageausschüssen ein erheblicher Zeit- und Reiseaufwand verbunden.

 

Eine weitere wesentliche Aufgabe des Vorstands besteht in der Beschlussfassung über die Bewilligung von Berufsunfähigkeitsrenten. Auf Grund entsprechender Antragstellung eines Mitglieds veranlasst das Versorgungwerk dessen Begutachtung durch Vertrauensärzte. Diese Gutachten sind sodann Grundlage für die Entscheidung des Vorstands über die Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente.

 

Wahlen:

 

Die Mitglieder des Versorgungswerks gestalten dieses selbst. Alle Kolleginnen und Kollegen sind aufgerufen, bei der Ausgestaltung des Versorgungswerks ihre Vorstellungen mit einzubringen. Jede(r) kann in den Gremien des Versorgungswerks mitarbeiten. Der Zugang zu den Gremien erfolgt durch Wahlen.

Die Besonderheit der Wahl zur Vertreterversammlung besteht darin, dass es sich nicht um eine Personenwahl (wie etwa bei den Wahlen der Rechtsanwaltskammern) handelt, sondern um Listenwahlen. Die Mitglieder wählen also eine Liste, die ihren Vorstellung am nächsten kommt.

Bei den letzten Wahlen zur 7. Vertreterversammlung haben sich in allen drei Kammerbezirken jeweils drei Listen zur Wahl gestellt. In allen drei Kammerbezirken ist die „DAV Gemeinschaftsliste“ angetreten und hat als älteste aller Listen die meisten Stimmen auf sich vereinigt. Ebenfalls in allen drei Kammerbezirken hat sich die „Liste junger Anwältinnen und Anwälte“ zur Wahl gestellt, die Ende der 90-er Jahre als Juniorliste der DAV Gemeinschaftsliste ins Leben gerufen wurde.

Im Kammerbezirk Hamm ist erstmals bei der Wahl zur 7. Vertreterversammlung die Liste „Arbeitsgemeinschaft der Anwältinnen“ an den Start gegangen. Bei der dritten Liste in Köln und Düsseldorf handelt es sich um die „Unabhängige Liste“.

 

Wahlaufruf:

 

Mit den vorstehenden Erläuterungen wende ich mich als Vizepräsident des Versorgungswerks an alle Kolleginnen und Kollegen im Bezirk der Rechtsanwaltskammer Hamm. Im Herbst 2018 findet die Wahl zur 8. Vertreterversammlung des Versorgungswerks statt. Obwohl es um Ihre Rentenversicherung, Absicherung bei Berufsunfähigkeit und Versorgung Ihrer Hinterbliebenen geht, haben nur etwa 24 % der Kammermitglieder bei der Wahl zur 7. Vertreterversammlung von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht. Das ist gemessen an der Bedeutung für jeden einzelnen nicht recht nachvollziehbar.

Eine Ursache sehe ich darin, dass die Kolleginnen und Kollegen, die sich zur Wahl stellen, vermutlich vielen unbekannt sind. Ebenso sind die Zielvorstellungen der zur Wahl stehenden Listen weitgehend unbekannt. Ich möchte Sie daher herzlich bitten, sich über die Homepage des Versorgungswerks  „vsw-ra-nw.de“ zu informieren. Dort werden in Kürze Verlinkungen zu den Listen eingestellt.

 

Zur Zeit sind aus dem Bezirk der Rechtsanwaltskammer Hamm folgende Kolleginnen und Kollegen Mitglieder der Vertreterversammlung und des Vorstands:

 

DAV Gemeinschaftsliste:

 

Rechtsanwältin Marion Meichsner, Bochum

Rechtsanwältin Annette Frommhold-Merabet, Münster

Rechtsanwalt Stefan Peitscher, Münster

Rechtsanwalt Tobias Schäfer, Wetter (Ruhr)

Rechtsanwalt Dr. Andreas Bohnenkamp, Borken

Rechtsanwalt Cornelius Kruse, Bochum

 

Liste junger Anwältinnen und Anwälte:

 

Rechtsanwalt Timo Scharmann, Essen

Rechtsanwältin Ines Müller-Baumgarten, Bielefeld

Rechtsanwalt Dr. Sebastian Meyer, Bielefeld

 

Arbeitsgemeinschaft Anwältinnen:

Dr. Rita Coenen, Münster

 

Vorstand:

 

Rechtsanwalt Wolfgang Ehrler, Herdecke

Rechtsanwalt Dr. Christoph Meyer-Rahe, Bielefeld

Rechtsanwältin Petra von Vietinghoff, Essen

 

Im Namen des Vorstands und der Vertreterversammlung möchte ich Sie bitten, bei der im Herbst anstehenden Wahl von Ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen. Es geht um Ihre Alters- und Berufsunfähigkeitsvorsorge und die Absicherung Ihrer Angehörigen.