GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, BRAO §§ 59 a Abs. 1 S. 1, 59 e Abs. 1 S. 2, Abs. 2

Verbot der Sternsozietät verfassungsgemäß

BGH, Beschluss, AnwZ (B) 83/04, v. 14.11.2005 Das Verbot der Sternsozietät verstößt nicht gegen das Grundgesetz.

Zusammenfassung aus der Begründung:
Die Einschränkung der Berufsausübung durch das Verbot der Sternsozietät (also die Beteiligung des Berufsträgers nicht nur an der Rechtsanwalts-GmbH, sondern an weiteren Zusammenschlüssen, etwa einer Sozietät) hat Bestand, weil sich das Verbot auf beachtliche Gründe des Gemeinwohls stützen lässt. Denn eine Anwaltschaft, die zu erheblichen Teilen aus angestellten Rechtsanwälten in anonymen, konzernähnlich verflochtenen Kapitalgesellschaften bestünde, wäre weder frei noch unabhängig. Zudem möchte, wer anwaltliche Leistungen in Anspruch nimmt, ohne komplizierte Nachfrage wissen, wem er die Wahrnehmung seiner rechtlichen Belange anvertraut und ob der Beauftragte nicht zugleich widerstreitende Interessen vertritt oder auf sonstige Weise in der Gefahr einer Interessenkollision steht. Das Verbot der Sternsozietät verletzt auch nicht Art. 3 Abs. 1 GG, da es sich durch den Umstand rechtfertigen lässt, dass sich Rechtsanwälte schwerpunktmäßig mit rechtlichen Konfliktsituationen befassen, in denen auch die Gegenseite anwaltlich vertreten ist, während Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Patentanwälte, denen die Beteiligung an mehreren Gesellschaften nicht verwehrt ist, nur ausnahmsweise in solchen Lagen tätig werden. Selbst wenn das Verbot der Sternsozietät durch wichtige Belange des Gemeinwohls nicht (mehr) zu rechtfertigen oder ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz anzunehmen wäre, könnte zur Zeit noch von keinem verfassungswidrigen Zustand ausgegangen werden.

GG Art. 3 I, FAO § 5 I c

Fallquorum ist verfassungsgemäß

BGH, Urteil vom 16.12.2013 – AnwZ (Brfg) 29/12 = BeckRS 2014, 01029 Fundstelle: NJW-Spezial 2014, S. 94

§ 5 I Buchst. c FAO ist, soweit danach die Bearbeitung von mindestens 50 gerichts- oder rechtsförmlichenVerfahren verlangt wird, nicht verfassungswidrig.

Leitsatz des Autors der NJW-Spezial

BRAO § 43 b; BORA § 7 I, II

Gleichzeitige Benennung als „Fachanwalt“ und „Spezialist“ für ein Fachgebiet

BGH, Urteil vom 05.12.2016 - AnwZ (Brfg) 31/14

Fundstelle: NJW 2017, S. 669 ff.

Will ein Rechtsanwalt, der „Fachanwalt für Erbrecht“ ist, sich zusätzlich „Spezialist für Erbrecht“ nennen, so muss er die dafür erforderlichen, den Fachanwalt nicht nur unerheblich übersteigenden Kenntnisse und Erfahrungen auf allen Teilgebieten des Erbrechts nachweisen, die Voraussetzung für die Fachanwaltsbezeichnung sind.

 

Leitsatz der Redaktion der NJW Spezial

 

§ 46 BRAO
Hinreichend bestimmter Zulassungsbescheid für Syndikuszulassung
BGH, Beschluss vom 27.2.2019 - AnwZ (Brfg) 36/17 = BeckRS 2019, 3690 Fundstelle: NJW-Spez. 8/2019, S. 255

Ein Bescheid zur Zulassung als Syndikusrechtsanwalt, der sich in seinen Tenor auf die Nennung des Arbeitgebers beschränkt, ist jedenfalls dann ausreichend, wenn in der

Begründung des Zulassungsbescheids auf den Arbeitsvertrag, die Tätigkeitsbeschreibung und weitere für die Entscheidung relevante Unterlagen Bezug genommen wird.

 

Leitsatz des Autors der NJW Spezial

 

 

BGB §§ 280 I, 311 II; RVG § 3a; BRAO §§ 48, 49; StPO § 140 I
Hinweispflicht bei Honorarvereinbarung eines Pflichtverteidigers
BGH, Urteil vom 13.12.2018 - IX ZR 216/17
Fundstelle: NJW 10/2019, S. 676

Ein zum Pflichtverteidiger bestellter Anwalt muss vor Abschluss einer Vergütungsvereinbarung dem Beschuldigten einen eindeutigen Hinweis erteilen, dass er auch ohne den Abschluss der Honorarvereinbarung zu weiterer Verteidigung verpflichtet ist.

Leitsatz der Redaktion der NJW

BRAO § 43 a Abs. 2, StPO § 97 i. V. m. §§ 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 3

In den Kanzleiräumen betriebene Immobilienverwaltung

BGH, Beschluss vom 21.03.2017- AnwZ (Brfg) 3/17

Fundstelle: NJW-Spezial 2017, S. 350 f.

Die Ausübung einer Immobilienverwaltung in den Räumen einer Rechtsanwaltssozietät birgt nicht die Gefahr einer Verletzung der Verschwiegenheitspflicht.

 

Leitsatz des Autors der NJW-Spezial

 

IFG NRW §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 5; BRAO § 76

Informationsfreiheitsgesetz versus Verschwiegenheitspflicht

BGH, Urteil vom  20.03.2017 – AnwZ (Brfg) 46/15

Fundstelle: NJW-Spezial 2017, S. 286

Begehrt ein Anwalt von seiner Rechtsanwaltskammer unter Berufung auf das Landes-IFG Einsicht in Protokolle von Vorstandssitzungen, entfällt die Verschwiegenheitspflicht der Vorstandsmitglieder nach § 76 BRAO.

 

Leitsatz des Autors der NJW Spezial

 

Informationsveranstaltungen von Rechtsanwälten zur eigenen anwaltlichen Tätigkeit oder zu allgemeinen rechtlichen Themen sind grundsätzlich zulässig. Dies auch dann, wenn Personen eingeladen werden, zu denen kein mandantschaftliches Verhältnis besteht oder bestanden hat und die Informationsveranstaltung einen kostenlosen Mittagsimbiss beinhaltet.

BGH, U. v. 1. März 2001 – I ZR 300/98

(Fundstelle: MDR 2001, 898)Die beklagte Rechtsanwaltskanzlei hatte örtliche Einzelhändler, die nicht zu ihren Mandanten gehörten, zu einem fünfstündigen Informationsgespräch inkl. Mittagsimbiss in ein Hotel eingeladen. Das Einladungsschreiben kündigte "fundierte Ratschläge und Informationen praxiserfahrener Rechtsanwälte" zu wettbewerbsrechtlichen Fragen an. Nach Ansicht des BGH ist dies eine in Form und Inhalt sachliche Unterrichtung über die berufliche Tätigkeit der Beklagten, die mit § 43 b BRAO vereinbar sei. Informationsveranstaltungen von Rechtsanwälten zu dem Zweck, sich dem rechtsuchenden Publikum darzustellen und diesem die Gelegenheit zu geben, sich über das Angebot anwaltlicher Leistungen zu informieren, seien grundsätzlich zulässig. Gegen das Sachlichkeitsgebot verstoße eine solche Veranstaltung nur dann, wenn weitere Leistungen angeboten werden, die dazu geeignet sind, die Adressaten nicht wegen der Informationen, sondern wegen dieser anzulocken. Eine solche unzulässige Anlockwirkung enthalte das Angebot eines kostenlosen Mittagsimbisses jedoch nicht. Eine kleine Zwischenmahlzeit sei nämlich nicht geeignet, Geschäftsleute dazu zu veranlassen, an einer fünfstündigen samstäglichen Informationsveranstaltung teilzunehmen. Auch wenn in der Einladung von Nichtmandanten zu einer Informationsveranstaltung eine gezielte Werbung um Praxis liege, verstoße dies nicht gegen das Verbot auf Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichteten Werbung gem. § 43 b BRAO. Die Bestimmung des § 43 b BRAO verbiete grundsätzlich nur die Werbung um ein Mandat in einem konkreten Einzelfall, nicht jedoch die Werbung um einzelne Mandanten (teilweise Aufgabe von BGH, U. v. 4. Juli 1991 – I ZR 2/90 (=BGHZ 115, 105)).

ZPO § 130a Abs. 5 Satz 2, § 233 Satz 1 (B, Fd, Gc), § 520
Inhaltskontrolle der übermittelten Schriftsätze über beA
BGH, Beschluss vom 21. März 2023 - VIII ZB 80/22 - LG Berlin
AG Charlottenburg


Die Kontrolle der ordnungsgemäßen Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes (hier: Berufungsbegründung) über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA)  erfordert auch die Prüfung anhand des zuvor sinnvoll vergebenen Dateinamens, ob sich die erhaltene automatisierte Eingangsbestätigung gemäß § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO  auf die Datei mit dem Schriftsatz bezieht, dessen Übermittlung erfolgen sollte (im Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 17. März 2020 - VI ZB 99/19, NJW 2020, 1809 Rn. 16; vom 20. September 2022 - XI ZB 14/22, NJW 2022, 3715 Rn. 9 f.).


Leitsatz des Gerichts

Kein Anspruch auf Überlassung eines anwaltsgerichtlichen Beschlusses

BGH, Beschluss vom 22.09.2015 – AnwZ (Brfg) 44/15

Fundstelle: NJW-Spezial 2015, S. 734 f.

 

Ein Beschwerdeführer hat gegenüber einer Rechtsanwaltskammer keinen Anspruch auf Überlassung eines seine Beschwerde betreffenden anwaltsgerichtlichen Beschlusses.

 

Leitsatz des Autors der NJW Spezial

 

 

Anmerkung:

Die Entscheidung des BGH stimmt systematisch überein mit dem Urteil des VG Freiburg vom 16.09.2015 (siehe KammerReport 5/2015, S. 23). Demnach steht einem Beschwerdeführer in einem Aufsichtsverfahren vor der Rechtsanwaltskammer auch kein Anspruch auf Zugang zu den von dem betroffenen Anwalt abgegebenen Stellungnahmen zu.

§ 234 I S. 2 ZPO
Kein Antrag zur Fristverlängerung
BGH Beschluss vom 9.2.2022 - XII ZB 474/21 = BeckRS 2022, 3653
Fundstelle: NJW-Spezial, S. 255

Eine Wiedereinsetzung wegen der Versäumung der Frist zur Begründung einer Beschwerde kommt nicht in Betracht, wenn vor Fristablauf kein ordnungsgemäßer Antrag auf Fristverlängerung - etwa unter Hinweis auf eine nicht gewährte Akteneinsicht - gestellt worden ist.

Leitsatz des Autors der NJW-Spezial

 

BRAO §§ 31 Abs. 1, 31 a Abs. 1 S. 1, 59 e, 112 e S.1 ; GG Art. 12 Abs. 1
Kein besonderes elektronisches Anwaltspostfach für eine Rechtsanwalt-AG
BGH, Urteil vom 06.05.2019- AnwZ (Brfg) 69/18
Fundstelle: NJW 2019, S. 2031 f.

Für die Einrichtung eines besonderen elektronischen Anwaltspostfachs kommt es darauf an, dass die persönliche Qualifikation der natürlichen Berufsträgerinnen und Berufsträger für die Ausübung der Tätigkeit entscheidend ist und für eine mit der Berücksichtigung etwa von Rechtsanwaltsaktiengesellschaften verbundene weitreichende und zugleich aufwändige Ausweitung des Inhalts des Verzeichnisses auf verschiedenartige - auch nach ausländischem Recht gegründete - Gesellschaftsformen kein Bedürfnis besteht. Dieser Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt.

Leitsatz der Redaktion der NJW

 

 

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