BRAO § 43 a IV; BORA§ 3 I, IV; BGB §§ 134, 280 I, 311 II

Pflicht des Anwalts zum Hinweis auf Gebührenfolgen bei „einvernehmlicher Scheidung“

BGH, Urteil vom 19.9.2013 -IX ZR 322/12 Fundstelle: NJW 2013, S. 3725 ff.

Suchen Eheleute gemeinsam einen Rechtsanwalt auf, um sichin ihrer Scheidungsangelegenheit beraten zu lassen, hat derAnwalt vor Beginn der Beratung auf die gebühren- und vertretungsrechtlichenFolgen einer solchen Beratung hinzuweisen.

Leitsatz des Gerichts

 

BRAO § 43 b; BORA § 6

Zulässigkeit der Kanzleibezeichnung „K-Associates“

BGH, Beschl. v. 18.04.2005 – AnwZ (B) 35/04 (AnwGH Nordrhein-Westfalen)
Fundstelle: NJW 2005, S. 1770
1. Die Kurzbezeichnung “K-Associates” erweckt durch die Verwendung des englischen Worts nicht den Eindruck, dass es sich bei der so bezeichneten Kanzlei um einen Zusammenschluss von Rechtsanwälten im internationalen Bereich handelt.

2. Auch wenn in einer Kanzlei nur ein Anwalt im Ausland zugelassen ist, ist die Bezeichnung „K-Associates“ nicht irreführend i. S. des § 43 b BRAO, § 6 BORA.

BRAO § 43 c Abs. 1 Satz 3

Beschränkung der Befugnis zur Führung der Fachanwaltsbezeichnung auf zwei Rechtsgebiete

BGH, B. v. 04.04.2005 – AnwZ (B) 19/04 Die Beschränkung in § 43 c Abs. 1 Satz 3 BRAO, wonach die Befugnis, eine Fachanwaltsbezeichnung zu führen, für höchstens zwei Rechtsgebiete erteilt werden darf, ist verfassungsgemäß, da sie der Qualitätssicherung dient und die Glaubwürdigkeit des Fachhinweises in der Öffentlichkeit wahrt.²

Der BGH hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem der antragstellende Rechtsanwalt bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer erfolglos die Befugnis beantragt hatte, neben der Fachanwaltsbezeichnung für das Familienrecht und der Fachanwaltsbezeichnung für das Arbeitsrecht auch die Fachanwaltsbezeichnung für das Strafrecht zu führen.

Nach Ansicht des BGH ist die durch § 43 c Abs. 1 S. 3 BRAO bewirkte Einschränkung der Werbefreiheit, nur zwei Fachanwaltsbezeichnungen führen zu dürfen, mit Artikel 12 Abs. 1 GG vereinbar. Das Gericht führt hierzu wie folgt aus:

Da die Fachanwaltsbezeichnung die besondere Qualifikation des Rechtsanwalts für das Fachgebiet ausweisen solle, könne dies von dem rechtsuchenden Publikum nur dahin verstanden werden, dass der Fachanwalt über einen vertieften Wissenstand auf seinem Fachgebiet nicht nur zum Zeitpunkt des Erwerbs der Fachanwaltsbezeichnung, sondern auch bei seiner späteren Tätigkeit verfüge. Die erforderliche Qualitätssicherung könne aber nicht allein durch die in § 15 FAO vorgesehene Fortbildung erreicht werden. Sie setze vielmehr eine verstärkte Tätigkeit auf dem Fachgebiet und den damit verbundenen Erfahrungsgewinn voraus. Es könne deshalb nicht darauf ankommen, dass ein Rechtsanwalt die formalen Voraussetzungen für den Erwerb von auch mehr als zwei Fachgebieten erfüllt, entscheidend sei vielmehr eine dauerhafte intensive Befassung mit den Spezialgebieten auch nach der Verleihung der Fachanwaltsbezeichnung. Eine solche intensive Betätigung erscheine aber angesichts des Umfangs und der Komplexität des modernen Rechts nur im begrenzten Umfang möglich.

§ 43 b Abs. 1 Satz 3 BRAO stelle daher sicher, dass der RA die Qualitätsvorstellungen der Öffentlichkeit erfüllt und diene somit der wahrheitsgemäßen Information der Rechtsuchenden, dem Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant und damit der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege. Die Bestimmung sei auch verhältnismäßig. Betroffen sei nur die Außendarstellung des Rechtsanwalts. Der Rechtsanwalt, der über Fachkenntnisse auf weiteren Gebieten verfüge, sei nicht gehindert, auch auf diesen Gebieten tätig zu werden. Im sei auch nicht verwehrt, auf andere Weise im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben für eine solche Tätigkeit zu werben.

BRAO § 43 c Abs. 4 S. 2; FAO § 15

Verstoß eines Fachanwalts gegen seine Fortbildungspflicht

BGH, Beschluss vom 05.05.2014 – AnwZ (Brfg) 76/13

1. Unterbleibt die kalenderjährlich zu leistende Fortbildung, kann sie nicht im Folgejahr nachgeholt werden. Die Verletzung der Fortbildungspflicht, die Tatbestandsvoraussetzung für die Befugnis der Rechtsanwaltskammer zum Widerruf ist, steht vielmehr unumkehrbar fest.

2. Eine einmalige Verletzung der Fortbildungspflicht führt nicht zwingend zum Widerruf der Erlaubnis zum Führen einer Fachanwaltsbezeichnung. Die Rechtsanwaltskammer entscheidet über den Widerruf nach pflichtgemäßem Ermessen. Hierbei sind alle Umstände des Einzelfalls, so z. B. eine aufgrund Erkrankung unverschuldete Versäumnis der Fortbildung, zu berücksichtigen.

3. Es liegt im Rahmen der pflichtgemäßen Entscheidung der Kammer, wenn sie bei der erstmaligen Verletzung der Fortbildungspflicht vom Widerruf zunächst absieht und dem Anwalt die Möglichkeit gibt, durch verstärkte Fortbildung im laufenden Jahr eine Sanktionierung der einmaligen Pflichtverletzung im zurückliegenden Jahr zu vermeiden.

Leitsatz des Verfassers

Anmerkung:

Passend zur neu entflammten Diskussion um die Konkretisierung und Sanktionierung der allgemeinen Fortbildungspflicht gem. § 43 a Abs. 6 BRAO, hat der BGH mit der vorstehenden Entscheidung die Bedeutung und Notwendigkeit einer laufenden jährlichen Weiterbildung von Fachanwälten zur durchgängigen Qualitätssicherung nochmals betont.

Vor einem von der Erwartung, die Rechtsanwaltskammer werde schon eine angemessene Frist zur Nachholung der im Vorjahr versäumten Fortbildung gewähren, getragenen Schlendrian kann daher nur gewarnt werden. Der BGH stellt ausdrücklich fest, dass für eine Nachholung grundsätzlich kein Raum ist. Zwar rechtfertigt, so das Gericht, die erstmalige Verletzung der Fortbildungspflicht den Widerruf noch nicht. Man kann den BGH aber durchaus so verstehen, dass es mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu vereinbaren sein wird, zu widerrufen, wenn auch eine aufgrund der Lücke im engen zeitlichen Zusammenhang im nachfolgenden Jahr aufgegebene zusätzliche Fortbildung nicht geleistet wird. Entsprechendes wird gelten, wenn im Folgejahr zwar die zusätzliche Fortbildung absolviert wird, erneut aber nicht die hiervon selbstverständlich unberührt bleibende Mindeststundenzahl dieses Jahres.

Offen gelassen hat das Gericht, ob – wie teils in der Kommentarliteratur vertreten – eine einmalige Verletzung der Fortbildungspflicht aus Verhältnismäßigkeitsgründen zunächst mit einer Rüge statt dem Widerruf zu ahnden ist. Hierauf kam es nach Auffassung des BGH nicht an, da ein Widerruf ohne vorausgegangene Rüge jedenfalls bei einer Verletzung der Fortbildungspflicht in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren, wie im zu entscheidenden Fall, nicht unverhältnismäßig sei. Nimmt man die vom BGH als Normzweck des § 15 FAO herausgestellte Qualitätssicherung ernst, erscheint aber schon zweifelhaft, ob eine Rüge überhaupt als geeignetes Sanktionsinstrument angesehen werden kann.

Für Kolleginnen und Kollegen, die meinen, Jahr für Jahr auch das erste oder sogar zweite Quartal des Folgejahres für ihre kalenderjährliche Fortbildung in Anspruch nehmen zu können, wird es zukünftig also eng.

RA Stefan Peitscher, Hauptgeschäftsführer

BRAO § 43 c Abs. 4 S. 2; FAO §§ 15 Abs. 1, Abs. 2, 25

Kein Fachanwaltstitel ohne jährliche Fortbildung

BGH, Urt. v. 26.11.2012 – AnwZ (Brfg) 56/11 Fundstelle: NJW 2013, S. 175 f.

  1. Die Entscheidung gem. § 43 c Abs. 4 S. 2 BRAO, die Erlaubnis zum Führen einer Fachanwaltsbezeichnung zu widerrufen, steht im pflichtgemäßen Ermessen der Rechtsanwaltskammer.
  2. Die Rechtsanwaltskammer ist im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens berechtigt, auf den Widerruf der Erlaubnis (zunächst) zu verzichten, wenn der Rechtsanwalt die versäumte Fortbildung im folgenden Kalenderjahr nachholt.
  3. Der Widerruf der Erlaubnis zum Führen eines Fachanwaltstitels ist jedenfalls dann nicht ermessensfehlerhaft, wenn der Rechtsanwalt mehrfach Fristen zur Nachholung der Fortbildung ungenutzt hat verstreichen lassen.

Leitsatz der Redaktion der NJW

BRAO § 43 c; FAO § 5 Abs. 1, Abs. 4; FAO a. F. § 5 S. 1 u. 3; GG Art. 12 Abs. 1, 20 Abs. 3

Gewichtung von Fallzahlen für Fachanwaltstitel

BGH, Urt. v. 08.04.2013 – AnwZ (Brfg) 54/11 (AnwGH Niedersachsen) Fundstelle: NJW 2013, S. 1599 ff.

  1. Die Gewichtungsregelung des § 5 Abs. 4 FAO ist keine Ausnahmebestimmung; jeder eingereichte Fall ist darauf zu prüfen, ob eine Minder- oder Höhergewichtung angezeigt ist.

  2. § 5 Abs. 1 FAO geht von dem Grundsatz aus, dass der Erwerb besonderer praktischer Erfahrungen schon mit dem Nachweis der vorgegebenen Fallzahlen aus den betreffenden Bereichen des jeweiligen Fachgebiets belegt ist; soll hiervon abgewichen werden, müssen tragfähige Anhaltspunkte vorliegen, welche die zuverlässige Beurteilung zulassen, dass der zu beurteilende Fall außerhalb der Bandbreite eines durchschnittlichen Falls liegt.

  3. Eine – auch erhebliche - Mindergewichtung ist vorzunehmen, wenn Wiederholungsfälle eng miteinander verknüpft sind, etwa weil ihnen im Wesentlichen derselbe Lebenssachverhalt zu Grunde liegt oder sie Teil eines Verfahrensverbundes sind (im Anschluss an Senat, FamRZ 2009, 1320 = BeckRS 2009, 12395 Rdnrn. 21, 30 f.).

  4. Die Entscheidung der Rechtsanwaltskammer über die Verleihung einer Fachanwaltsbezeichnung (§ 43 c Abs. 1 BRAO) ist auch in Bezug auf die Höher- oder Mindergewichtung rechtlich gebunden und unterliegt einschließlich der ihr vorausgehenden Würdigung des Fachausschusses (§ 43 c Abs. 2 BRAO) in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht grundsätzlich uneingeschränkt der richterlichen Nachprüfung (im Anschluss an Senat, NJW 1997, 1307; NJW 2003, 741).

  5. Die Gewichtungsregelung des § 5 Abs. 4 FAO steht mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen in Einklang.

Leitsatz des Gerichts

BRAO § 43 c; FAO § 5

Gestattung des Führens der Bezeichnung „Fachanwalt für Steuerrecht“

BGH, Beschl. v. 06.03.2006 – AnwZ (B) 36/05 (AnwGH Baden-Württemberg) Fundstelle: NJW 2006, S. 1513 ff. 1.
Für die Berücksichtigung von Fällen bei der Feststellung des nach § 5 FAO erforderlichen Quorums kommt es darauf an, ob diese im Drei-Jahres-Zeitraum auf dem rechtlichen Spezialgebiet rechtlich bearbeitet worden sind. Unerheblich ist, ob ein Schwerpunkt der Bearbeitung innerhalb des Drei-Jahres-Zeitraums liegt. Eine Mindergewichtung der im Drei-Jahres-Zeitraum bearbeiteten Fälle lässt sich deshalb regelmäßig nicht mit der Erwägung rechtfertigen, dass der Fall bereits vor dem Beginn des Drei-Jahres-Zeitraums bearbeitet wurde.

2.
Dabei sind nur solche Fälle zu berücksichtigen, bei denen ein Schwerpunkt der Bearbeitung im jeweiligen Fachgebiet liegt. Dafür genügt, wenn eine Frage aus dem jeweiligen Fachgebiet erheblich ist oder erheblich werden kann. Dazu gehören auch Eigenvertretungen und Verteidigungen in Steuerstrafsachen.

3.
Steuererklärungen bzw. deren Vorbereitung für ein Jahr gelten als ein Fall i. S. des § 5 S. 1 FAO. Eine Mindergewichtung ist nicht allein schon deshalb gerechtfertigt, weil der Rechtsanwalt in Folge weitere Steuererklärungen für denselben Mandanten bearbeitet.

BRAO § 45 II; BGB §§ 1897 IV, 1908 d III

Keine Bestellung als Betreuer bei Tätigkeitsverbot wegen Vorbefassung

BGH, Beschluss vom 18.12.2013 - XII ZB 460/13

Fundstelle: NJW 2014, S. 935 f.

Ein Rechtsanwalt, der mit der Übernahme des Betreueramts gegen ein Tätigkeitsverbot nach § 45 II BRAO verstoßen würde, kann auch auf Wunsch des Betroffenen nicht zum Betreuer bestellt werden.

Leitsatz des Gerichts

BRAO § 49 b Abs. 4; BGB § 398, § 675

Zur Abtretung anwaltlicher Honorarforderungen

BGH, Urt. v. 11.11.2004 – IX ZR 240/03

Fundstelle: BRAK-Mitt. 2005, 34 Tritt ein RA Honorarforderungen ohne Zustimmung des Auftraggebers an einen anderen RA ab, der ihn zuvor außergerichtliche und in Kostenfestsetzungsverfahren (§ 19 BRAGO) vertreten und die Angelegenheit umfassend kennen gelernt hat, so ist die Zession nicht gemäß §§ 134 BGB, 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB unwirksam.

Anmerkung:
Gemäß § 49 b Abs. 4 S. 1 BRAO ist der Rechtsanwalt, der eine Gebührenforderung erwirbt, in gleicher Weise zur Verschwiegenheit verpflichtet, wie der beauftragte Rechtsanwalt.
Streitig ist, ob es diese gesetzliche Regelung ermöglicht, ohne Zustimmung des Mandanten die anwaltliche Vergütungsforderung an einen anwaltlichen Zessionar abzutreten. Die wohl herrschende Meinung bejaht dies (LG Regensburg, NJW 2004, 3496; LG Baden-Baden, NJW-RR 1998, 202, 203; Dittmann in Henssler/Prütting, § 49 b Rn. 37; Feuerich/Weyland, § 49 b. Rn. 47 f; Jessnitzer/Blumenberg, § 49 b Rn. 7). Zum Teil wird allerdings vertreten, § 49 b Abs. 4 S. 1 BRAO gebe lediglich die Verschwiegenheitspflicht des Zedenten an den Zessionar weiter, so dass eine Abtretung ohne Zustimmung des Mandanten die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht gemäß §§ 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB, 43 a Abs. 2 BRAO verletzt (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1999, 1583, 1584; LG Karlsruhe, MDR 2001, 1383, 1384; Berger, NJW 1995, 1406, 1407; Prächtel, NJW 1997, 1813, 1816).
Der BGH konnte im zu entscheidenden Fall die Streitfrage offen lassen, da der Forderungsempfänger bereits vor der Abtretung rechtmäßig umfassend Kenntnis von der Angelegenheit erhalten hatte.
Damit lässt eine höchstrichterliche Entscheidung, unter welchen Voraussetzungen ein Rechtsanwalt Vergütungsforderungen abtreten darf, leider weiter auf sich warten. Ein entsprechender Forderungsverkauf ist als Finanzierungsinstrument oder aus Gründen der Rationalisierung (Entlastung von Arbeiten wie Rechnungsstellung, Zahlungsüberwachung, Forderungseintreibung und Mahnwesen) durchaus interessant.
So wird bereits über die Zulässigkeit einer Anwaltlichen Verrechnungsstelle diskutiert, die, ähnlich wie die bei Ärzten bekannte Verrechnungsstellen, anwaltliche Honorarforderungen ankauft und die Zahlungsabwicklung übernimmt.
Sofern ein Einverständnis der Mandantschaft vorliege, sei die Inanspruchnahme der Dienstleistungen einer solchen Verrechnungsstelle, so Teile des Schrifttums, auch für Anwälte möglich (Römermann/Hartung, RVG, § 1 Rn. 115; Frenzel, AnwBl. 2005, 121 ff).
Dem könnte allerdings § 49 b Abs. 4 Satz 2 BRAO entgegenstehen, wonach der Verkauf einer anwaltlichen Gebührenforderungen an einen nicht zur Rechtsanwaltschaft zugelassenen Dritten nicht nur die mandantschaftlichen Einwilligung voraussetzt, sondern darüber hinaus nur zulässig ist, wenn die Forderung rechtskräftig festgestellt und ein erster Vollstreckungsversuch fruchtlos ausgefallen ist.
Gegen ein allein am Wortlaut orientiertes Verständnis der Norm wird nun teilweise mit Hinweis auf die Gesetzesbegründung vertreten, § 49 b Abs. 4 S. 2 BRAO sei berichtigend auszulegen. Danach ermögliche die Norm zwei Varianten: Entweder die Abtretung einer Gebührenforderung mit Einwilligung des Mandanten oder (alternativ) die Abtretung nach Titulierung und erfolgloser Vollstreckung (Römermann/Hartung, a. a. O.; Frenzel, a. a. O.).
Ob § 49 b Abs. 4 S. 2 BRAO allerdings derart verstanden werden kann, erscheint zweifelhaft. Der subjektive Wille des Gesetzgebers, den Anwälten die Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen zu erleichtern, hat im Gesetz (nur) insoweit Ausdruck gefunden, als die Abtretung einer Honorarforderung an einen Dritten das kumulative Vorliegen der in § 49 b Abs. 4 Satz 2 BRAO normierten Voraussetzungen bedingt. Der eindeutige Wortsinn der Norm ist bindend. Allein die Einwilligung der Mandanten in einen Forderungsverkauf an eine Anwaltliche Verrechnungsstelle genügt also nicht.

RA Stefan Peitscher, Geschäftsführer der RAK Hamm

BRAO § 49 b II
An die Höhe eines Erbteilsanspruchs anknüpfende Anwaltshonorarvereinbarung

BGH, U. v. 29. April 2003 – IX ZR 138/02 (OLG Frankfurt – 16 U 181/01; LG Frankfurt M. Hat ein Rechtsanwalt die zuvor erzielte Einigung der Abkömmling des Erblassers über eine Nachlassverteilung in die angemessene juristische Form zu bringen, so enthält eine Honorarvereinbarung, die an die Höhe des Erbteilsanspruchs des Mandanten anknüpft, kein unzulässiges Erfolgshonorar.

Im Streitfall war der Rechtsanwalt beauftragt worden, den Entwurf der notwendigen Vertragsurkunde zwischen den Erbberechtigten, aus der die Aufteilung des Erbes folgen sollte, zu fertigen. Vereinbart wurde, dass ein Honorar von 910.000 DM zur Zahlung fällig ist, sobald die Erbschaft angefallen und Erb- oder Pflichtteilsansprüche zu Gunsten der Auftraggeber über wenigstens 15 Mio. DM entstanden sind.

Nach Ansicht des BGH liegt hierin kein Verstoß gegen § 49 b Abs. 2 BRAO, da das vereinbarte Honorar zwar von der Höhe der Erbschaft, nicht aber vom Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit abhängig sei. Zwar wäre eine Gebührenvereinbarung, nach der das Honorar erst zur Zahlung fällig ist, sobald der Erbfall eingetreten und bestimmte Erbschafts- oder Pflichtteilsansprüche zu Gunsten der Auftraggeber entstanden sind, nach § 49 b Abs. 2 BRAO unzulässig, wenn sich das Mandat nicht nur auf die Ausarbeitung des Entwurfs, sondern auch auf die Herbeiführung oder den Erhalt der Einigung der Vertragsparteien richten würde. Vorliegend habe es jedoch gerade nicht zu den Aufgaben des Klägers gehört, auf die Willensbildung der übrigen Abkömmlinge des Erblassers Einfluss zu nehmen, um eine Einigung über die Verteilung des Nachlasses herbeizuführen. Habe der Kläger bei der Bearbeitung des Mandats den Einigungserfolg vorauszusetzen und nur noch in eine beurkundungsfähige juristische Form zu gießen, liege hierin nicht die Vereinbarung eines Erfolgshonorars, sondern eine reine Fälligkeitsregelung, der eine – rechtlich zulässigen – Stundungsfunktion zukomme.

Gleiches gelte für den von den Parteien zu Gunde gelegten Gebührenmaßstab. Auf die Höhe der Erbschafts- und Pflichtteilsansprüche der Beklagten habe der Kläger bei der Bearbeitung der Sache keinen Einfluss nehmen können, weil diese allein von dem Wert des Nachlasses und etwaigen Verfügungen des Erblassers zu Gunsten dritter Personen abhing. Beides habe außerhalb des Einflussbereichs des Klägers gelegen. Deshalb sei hinsichtlich der Höhe des Gebührenanspruchs Anknüpfungspunkt der Honorarvereinbarung, ebenso wie beim gesetzlichen Gebührenanspruch (§ 7 Abs. 1 BRAGO), ein – hier freilich gestaffelter – Gegenstandswert und nicht der Ausgang der Sache oder der Erfolg der Bemühungen des Klägers gewesen. Dieser habe auch nicht einen Teil des „erstrittenen“ Betrages erhalten sollen. Die Fälligkeit des Honoraranspruchs sei lediglich zusätzlich davon abhängig gemacht gewesen, dass die Erbschafts- oder Pflichtteilsansprüche der Beklagten in bestimmter Höhe entstehen und ein Betrag i. H. v. 1 Mio. DM nach Steuern für die Beklagten zur Verfügung steht.

(Fundstelle: MDR 2003, 836 ff.)

BRAO § 51 Abs. 6 S. 2; VVG § 115 Abs. 1 S. 1 Nrn. 2, 3

Auskunftspflicht der Anwaltskammer über Berufshaftpflichtversicherung

BGH, Urt. v. 22.10.2012 – AnwZ (Brfg) 60/11 (AnwGH Baden-Württemberg) Fundstelle: NJW 2013, S. 234 ff.

Die Auskunftspflicht der Rechtsanwaltskammer gegenüber einem eventuell geschädigten Mandanten gem. § 51 Abs. 6 S. 2 Halbs. 1 BRAO hinsichtlich der Berufshaftpflichtversicherung eines Mitglieds beschränkt sich nicht auf die Fälle von dessen Insolvenz oder Unerreichbarkeit.

Leitsatz des Redaktion der NJW

BRAO § 53 I, II 1, 2

Verschuldete Fristversäumnis wegen Erkrankung

BGH, Beschluss vom 05.03.2014 – XII ZB 736/12 Fundstelle: NJW-Spezial 2014, S. 286

 

Ein Anwalt ist stets verpflichtet, im Hinblick auf einen plötzlichen krankheitsbedingten Ausfall für eine Vertretung zu sorgen.

 

Leitsatz des Autors der NJW-Spezial

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