GG Art. 2 I, 20 III; ArbGG idF bis 31.12.2021 §§ 46c II, VI, ArbGG § 469; BGB §§ 121 I 1, 187 I, 188 II; KSchG §§ 4 S. 1, 511, 7 Hs. 1; ERVGerFöG Art. 3 Nr. 5, 24111, 26 VII; ERVV idF bis 31.12.2021 §§ 2 I 1, 5 mit Nr. 1 der Bekanntmachung dazu; ERNPfIV SchIH v. 13.12. 2019 § 1; ZPO §§ 85 II, 97 I, 130a, 130d S. 3, 233, 291, 294 I, 298 I  1, 371b
Anforderungen an elektronisch eingereichte Schriftsätze
BAG Urteil vom 25.8.2022 - 6 AZR 499/21
Fundstelle: NJW 2023, S. 623 ff.


Ein als Word-Dokument übermittelter Schriftsatz ist nicht im Sinne von § 46c II 1 ArbGG aF für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und damit formunwirksam eingereicht. Das gilt auch, wenn das Gericht ein IT-System nutzt, das im konkreten Fall die Bearbeitung eines solchen Dokuments zulässt.


Leitsatz der REdaktion der NJW

GG Art. 72 I, 74 I; NRWVerf. Art. 24 II 1; BGB §§ 134, 138 I u. II, 421, 612 II, 705; ZPO §§ 239, 246 I Hs. 1, 287 I 1 u. 2, 287 II, 403; BORA § 26

Sittenwidrigkeit einer Vergütungsabrede mit angestelltem Rechtsanwalt – Mindestlöhne

BAG, Urteil vom 17.12.2014 - 5 AZR 663/13

Fundstelle: NJW 2015, S. 1709 ff.

Ein auffälliges Missverhältnis zwischen dem Wert der Arbeitsleistung und der Vergütungshöhe liegt vor, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel der üblicherweise gezahlten Vergütung erreicht. Ein Anlass, von dieser Richtgröße im Sinne einer Heraufsetzung der Zwei-Drittel-Grenze abzuweichen, besteht weder wegen der Besonderheiten in der Beschäftigung angestellter Rechtsanwälte noch der in § 26 BORA enthaltenen Vorgabe, Rechtsanwälte nur zu angemessenen Bedingungen zu beschäftigen.

Leitsatz des Gerichts

HGB §§ 74, 75 d S. 2; BRAO § 43a II

Mandantenübernahmeklausel für angestellten Rechtsanwalt bei Arbeitgeberwechsel

BAG, Urteil vom 11.12.2013 - 10 AZR 286/13

Fundstelle: NJW 2014, S. 1198 ff.

1.
Eine Mandantenübernahmeklausel ohne Karenzentschädigung, die einen angestellten Rechtsanwalt verpflichtet, bei einer anschließenden unselbstständigen Tätigkeit für die Dauer von zwei Jahren einen bestimmten Honoraranteil an seinen früheren Arbeitgeber abzuführen, beschränkt den Arbeitnehmer im Sinne von § 74 I HGB in seiner beruflichen Tätigkeit. Sie ist als so genannte verdeckte Mandantenschutzklausel gemäß § 75 d S. 2 HGB unwirksam.

2.

Es bleibt offen, .ob Mandantenübernahmeklauseln als Allgemeine Geschäftsbedingungen oder vorformulierte Vertragsbedingungen einen Arbeitnehmer im Sinne von § 307 I 1 iVm II BGB deshalb unangemessen beachteiligen, weil sie entschädigungslos eine Honorarabführungspflicht vorsehen, obwohl mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich die Verpflichtung endet, dem Arbeitgeber keinen Wettbewerb zu machen. Ebenso bleibt offen, ob einer Auskunftserteilung auf Grund einer solchen Klausel die in § 43 a II BRAO normierte anwaltliche Pflicht zur Verschwiegenheit entgegensteht.

Orientierungssätze der Richterinnen und Richter des BAG

BGB §§ 242, 613 a, 705; ZPO §§ 138, 253, 313, 540, 547, 736; ArbGG § 69; KSchG §§ 1, 4; PartGG §§ 1, 2, 3, 4, 5; BRAO §§ 27, 113

Schließung einer Anwaltskanzlei bei Gründung einer neuen Sozietät kein Betriebsübergang

1.    Wird eine Anwaltskanzlei von mehreren Rechtsanwälten als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts betrieben, so ist regelmäßig diese Gesellschaft und nicht jeder einzelne Gesellschafter Arbeitgeber der in der Kanzlei beschäftigten Arbeitnehmer.

2.    Beschließen die Gesellschafter die Schließung der Anwaltskanzlei, so liegt kein Betriebs- oder Betriebsteilübergang vor, wenn sich nach erfolgter Einstellung der Kanzleitätigkeit ein Teil der bisherigen Gesellschafter zu einer neune Anwaltssozietät in anderen Geschäftsräumen zusammenschließt und die übrigen Gesellschafter in eine andere Anwaltskanzlei eintreten oder sich als Rechtsanwälte selbstständig machen und jeder Gesellschafter seinen bisherigen Mandantenstamm weiterbetreut, ohne dass er das bisherige Büropersonal oder einen wesentlichen Teil desselben übernimmt.

Leitsatz des Gerichts

ZPO §§ 85 II, 233, 244, 249; BRAO §§ 16, 155

Vorläufiges Berufsverbot eines Rechtsanwalts

BAG, Urt. v. 18.07.2007 – 5 AZR 848/06 (LAG Düsseldorf) Fundstelle: NJW 2007, S. 3226 ff.

 

 

1.  Das Verschulden eines Rechtsanwalts, dessen Zulassung zur Rechtsanwaltschaft mit sofortiger Wirkung widerrufen worden ist, kann der von ihm vertretenen Partei nicht gem. § 85 II ZPO zugerechnet werden.³

2.  Auf die Gründe für das Berufsausübungsverbot kommt es nicht an. Wird die Zulassung eines Rechtsanwalts zur Rechtsanwaltschaft widerrufen und die sofortige Vollziehung der Verfügung im überwiegenden öffentlichen Interesse angeordnet, kommt dem die Wirkung eines vorläufigen Berufsverbots zu (§§ 16, 155 BRAO). Das vorläufige Berufsverbot gegen den Anwalt einer Partei führt im Anwaltsprozess zur Unterbrechung des Verfahrens gem. § 244 ZPO.5

3.  Die zweite Instanz beginnt erst mit Einlegung der Berufung. Eine Unterbrechung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens tritt danach nicht ein, wenn der schon für die Berufungsinstanz bestellte Rechtsanwalt nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils, aber vor Berufungseinlegung wegfällt.5

 

5 Orientierungssätze der Richterinnen und Richter des BAG

 

GG Art. 12 Abs. 1; BRAO § 43 a Abs. 4; BetrVG §§ 40 Abs. 1 und Abs. 2, 103 Abs. 2; BRAGO § 26 Satz 2

Vertretung widerstreitender Interessen

BAG, B. v. 25.08.2004 – 7 ABR 60/03 (LAG Hamm – 10 TaBV 94/03; ArbG Dortmund – 6 BV 97/02) Fundstelle: NJW 2005, 921 f. 1. Ein Rechtsanwalt verstößt nicht gegen das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen nach § 43 a Abs. 4 BRAO und hat deshalb einen Vergütungsanspruch, wenn er in einem Beschlussverfahren nach § 103 Abs. 2 BetrVG gleichzeitig den Betriebsrat und das betroffene Betriebsratsmitglied vertritt. Denn Betriebsrat und Betriebsratsmitglied haben in diesem Verfahren in der Regel dasselbe Ziel, nämlich die Abwehr des Zustimmungsersetzungsantrags.

2. Gelangt der Betriebsrat allerdings zu der Auffassung, er wolle an der Zustimmungsverweigerung nicht mehr festhalten, können widerstreitende Interessen entstehen. Der Rechtsanwalt muss in diesem Fall beide Mandate niederlegen, um nicht gegen das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen nach § 43 a BRAO zu verstoßen.

3. Diese mögliche Interessenentwicklung rechtfertigt kein generelles Verbot der gleichzeitigen Vertretung von Betriebsrat und Betriebsratsmitglied. Dem steht das Grundrecht der freien Berufsausübung der Rechtsanwälte nach Art. 12 Abs. 1 GG entgegen. Die verfassungsrechtlich gebotene Verhältnismäßigkeit der Beschränkung ihres Rechts auf freie Berufsausübung rechtfertigt es nur, beim tatsächlichen Entstehen widerstreitender Interessen die Vertretung zu verbieten.