BGB § 705; HGB §§ 28, 128 Satz 1
Schließt sich ein Rechtsanwalt mit einem bisher als Einzelanwalt tätigen anderen Rechtsanwalt zur gemeinsamen Berufsausübung in einer Sozietät in der Form einer Ge-sellschaft bürgerlichen Rechts zusammen, so haftet er nicht entsprechend § 28 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 128 Satz 1 HGB für die im Betrieb des bisherigen Einzelan-walts begründeten Verbindlichkeiten.

BGH, Urt. v. 22.01.2004 - IX ZR 65/01 (KG) Der IX. Zivilsenat des BGH lehnt eine Haftungserstreckung auf den neuen Sozius für Altverbindlichkeiten des bisherigen Einzelanwalts ab, unabhängig davon, dass die Pflichtverletzung erst während des Bestehens der Sozietät erfolgte. Da der Vertrag zwischen dem Einzelanwalt und dem Mandanten vor Begründung der Sozietät zustande gekommen sei, hafte der Sozius, so das Gericht, nicht aus dem Vertragsverhältnis. Vielmehr bedürfe es hierzu zumindest einer stillschweigenden Einbeziehung des neuen Sozius in den Vertrag. Diese sei vorliegend von dem Berufungsgericht in nicht zu beanstandender Weise abgelehnt worden.
Auch die neue Rechtsprechung des II. Zivilsenats zur Haftung des neu eingetretenen Gesell-schafters in eine bereits bestehende Gesellschaft rechtfertige keine andere rechtliche Beurteilung, da die entsprechende Anwendung der §§ 128 S. 1, 130 HGB nur eine Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft begründe, nicht aber für solche, die lediglich einzelnen Mitge-sellschaftern obliegen.
Eine persönliche Haftung des neuen Sozius analog § 28 Abs. 1 HGB scheide ebenfalls aus, da dieser nicht in das „Geschäft eines Einzelkaufmanns“ eintrete und der Gedanke einer auf die Kontinuität eines Unternehmens geschützten Haftungserstreckung nicht greife, da das einem Einzelanwalt erteilte Mandat in besonderem Maße dadurch gekennzeichnet sei, dass die zu erbringende Dienstleistung an die Person des beauftragten Anwalts geknüpft ist. Zudem müsse die Anwendung des § 28 Abs. 1 S. 1 HGB schon deshalb abgelehnt werden, weil den Sozien nicht - wie den Gesellschaftern einer OHG (§ 28 Abs. 2 HGB) - die Möglichkeit offen stehe, einer abweichenden Vereinbarung durch Eintragung in das Handelsregister Dritten gegenüber Geltung zu verleihen.

(Fundstelle: ZIP 2004, 458 ff.)