BGB §§ 242, 723 III

Unwirksame Rentenklauseln in anwaltlichem Sozietätsvertrag 

LG München I, Urteil vom 4.3.2013- 15 0 8167/12 Fundstelle: NJW 2014, S. 478 ff.

  1. Klauseln im Sozietätsvertrag einer Rechtsanwaltsgesellschaft bürgerlichen Rechts (Sozietät), die Rentenansprüche von altersbedingt ausscheidenden Sozien vorsehen (Versorgungsregelun sind in der Regel wirksam.

  2. Schuldner dieser Rentenansprüche sind die Sozietät sowie, je nach Vereinbarung, die in der Sozietät verbleibenden Sozien persönlich.

  3. Eine weitergehende Klausel, wonach für die Rentenansprüche auch solche (jüngeren) S Kündigung aus der Sozietät ausgeschieden sind, kann als unangemessene Erschwerung von deren Kündigungsrecht nach § 723 III BGB zwingend unwirksam sein.

4. Ob die Klausel gegen § 723 III BGB verstößt, ist anhand einer wertenden Gesamtbetrachtung der Regelungen des Sozietätsvertrags zu ermitteln. Maßgebend dafür ist der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (Wirksamkeitskontrolle); wie das Sozietätsverhältnis später gelebt wurde (Ausübungskontrolle), ist insoweit nicht entscheidend. Die Ausübungskontrolle kann aber dazu führen, dass es rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 242 BGB wäre, den durch Kündigung ausgeschiedenen Sozius auf Rentenzahlung in Anspruch zu nehmen.

Leitsatz des Einsenders

GewO §§ 6, 14; BGB §§ 1896 ff.

Gewerbliche Tätigkeit des Rechtsanwalts als Berufsbetreuer

BVerwG, Urt. v. 27.02.2013 – 8 C 7.12 Fundstelle: NJW 2013, 2214 ff.

Ein Berufsbetreuer übt keinen freien Beruf, sondern ein Gewerbe aus. Das gilt auch für einen Rechtsanwalt, soweit er zugleich als Berufsbetreuer tätig ist.

Leitsatz des Gerichts

Anmerkung:

Der Entscheidung des BVerwG voraus ging ein Urteil des Bundesfinanzhofs vom 15. Juni 2010 (VII R 10/09), nach der ein Berufsbetreuer keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern solche aus sonstiger selbständiger Arbeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG erzielt. Die Einkünfte des Berufsbetreuers unterliegen damit nicht der Gewerbesteuer.

In seiner Entscheidung vom 27. Februar 2013 sieht das BVerwG keinen Gegensatz zu der Rechtsprechung des BFH, da die Qualifizierung im Einkommenssteuerrecht für die gewerberechtliche Bewertung einer Tätigkeit als freiberuflich oder gewerblich wegen der fehlenden Übertragbarkeit der steuerrechtlichen Regelung auf die Gewerbeordnung keine Bindungswirkung entfalte. Die Terminologie des Steuerrechts sei aufgrund der unterschiedlichen Regelungszwecke mit derjenigen des Gewerberechts nicht identisch. Die Gewerbeordnung sei vielmehr zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Wirtschaftsleben bestimmt, während Gegenstand des Steuerrechts fiskalische Ziele seien.

Der BFH hat nachfolgend mit Urteil vom 25. April 2013 (V R 7/11) ergänzend festgestellt, dass Leistungen gerichtlich bestellter Berufsbetreuer zudem auch nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Zu differenzieren ist dabei jedoch zwischen der Betreuungstätigkeit an sich, die umsatzsteuerfrei erbracht wird und in diesem Zusammenhang erbrachte Leistungen, die zum Gewerbe oder zum Beruf des Betreuers gehören. Diese sind nicht umsatzsteuerbefreit.

Rechtsanwalt Benedikt Trockel

 

UWG §§ 4 Nr. 11, 3 Abs. 1, 8 Abs. 1; BerlHG § 34 a Abs. 1 S. 1

Keine Irreführung durch ausländische akademische Titel auf Kanzleibriefkopf

KG, Urt. v. 22. 02.2012 – 5 U 51/11 Fundstelle: NJW 2012, S. 3589 f.

Wird auf einem anwaltlichen Briefkopf ein im außereuropäischen Ausland erworbener akademischer Titel anstatt korrekt mit „LL.M.“ und dem Namen der Hochschule nur mit „LL.M.“ und dem Ort angegeben, liegt darin keine relevante Irreführung des Rechtsverkehrs.

Leitsatz der Redaktion der NJW

BGB §§ 123 Abs. 1, 311 Abs. 2, 675 Abs. 1

Widerrechtliche Drohung mit Mandatsniederlegung

BGH, Urt. v. 7.2.2013 – IX ZR 138/11 Fundstelle: AGS 2013, S. 317 ff.

Veranlasst der Rechtsanwalt den persönlich nicht haftenden Gesellschafter seiner Mandantin erstmals unmittelbar vor einem anberaumten Gerichtstermin mit dem Hinweis, anderenfalls das Mandat niederzulegen, zum Abschluss einer Haftungsübernahme, kann hierin eine widerrechtliche Drohung liegen.

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

BRAO § 43 a Abs. 4; BORA § 3

Interessenkollision im Erbrecht

BGH, Beschl. v. 16.01.2013 – IV ZB 32/12 Fundstelle: NJW-Spezial 2013, S. 158

Ein Anwalt darf anlässlich desselben Erbfalls nicht Pflichtteilsberechtigte bei der Durchsetzung von Pflichtteilsansprüchen und deren Mutter bei der Abwehr von Nachlassforderungen vertreten.

Leitsatz des Gerichts

FAO § 15

Keine Fortbildung durch anwaltliche Tätigkeit

AnwGH Frankfurt a. M., Urt. v. 10.12.2012 – 1 AGH 1/12 Fundstelle: NJW-Spezial 2013, S. 127

Die regelmäßige und umfangreiche Bearbeitung von Mandaten aus einem Fachanwaltsgebiet entspricht lediglich der üblichen anwaltlichen Tätigkeit und stellt keine Fortbildung i. S. des § 15 FAO dar.

Leitsatz des Gerichts

BRAO § 43 c Abs. 4 S. 2; FAO §§ 15 Abs. 1, Abs. 2, 25

Kein Fachanwaltstitel ohne jährliche Fortbildung

BGH, Urt. v. 26.11.2012 – AnwZ (Brfg) 56/11 Fundstelle: NJW 2013, S. 175 f.

  1. Die Entscheidung gem. § 43 c Abs. 4 S. 2 BRAO, die Erlaubnis zum Führen einer Fachanwaltsbezeichnung zu widerrufen, steht im pflichtgemäßen Ermessen der Rechtsanwaltskammer.
  2. Die Rechtsanwaltskammer ist im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens berechtigt, auf den Widerruf der Erlaubnis (zunächst) zu verzichten, wenn der Rechtsanwalt die versäumte Fortbildung im folgenden Kalenderjahr nachholt.
  3. Der Widerruf der Erlaubnis zum Führen eines Fachanwaltstitels ist jedenfalls dann nicht ermessensfehlerhaft, wenn der Rechtsanwalt mehrfach Fristen zur Nachholung der Fortbildung ungenutzt hat verstreichen lassen.

Leitsatz der Redaktion der NJW

GG Art. 3 Abs. 1, 12 Abs. 1; GBO § 12 Abs. 1 S. 2; GBV § 46; BORA § 19

Kein Anspruch auf Mitnahme von Akten in die Kanzlei

OLG Hamm, Beschl. v. 15.11.2012 – I 15 W 261/12 Fundstelle: NJW-Spezial 2013, S. 127

Ein Anwalt hat keinen Anspruch darauf, dass ihm Grundakten zum Zwecke der Einsichtnahme in seine Kanzlei überlassen werden.

Leitsatz des Gerichts

BRAO §§ 31 Abs. 1, Abs. 2

Pflicht zum Eintrag der Kanzleianschrift in das Anwaltsverzeichnis

BGH, Beschl. v. 02.11.2012 – AnwZ (Brfg) 50/12 Fundstelle: NJW-Spezial 2013, S. 31

Einer Rechtsanwaltskammer steht hinsichtlich der Frage, ob bzw. in welcher Form die Kanzleianschrift eines Anwalts im bundesweiten elektronischen Verzeichnis zu veröffentlichen ist, kein Ermessen zu.

Leitsatz des Gerichts

BRAO § 51 Abs. 6 S. 2; VVG § 115 Abs. 1 S. 1 Nrn. 2, 3

Auskunftspflicht der Anwaltskammer über Berufshaftpflichtversicherung

BGH, Urt. v. 22.10.2012 – AnwZ (Brfg) 60/11 (AnwGH Baden-Württemberg) Fundstelle: NJW 2013, S. 234 ff.

Die Auskunftspflicht der Rechtsanwaltskammer gegenüber einem eventuell geschädigten Mandanten gem. § 51 Abs. 6 S. 2 Halbs. 1 BRAO hinsichtlich der Berufshaftpflichtversicherung eines Mitglieds beschränkt sich nicht auf die Fälle von dessen Insolvenz oder Unerreichbarkeit.

Leitsatz des Redaktion der NJW

UWG § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3; StBerG § 3 Nr. 1, § 43 Abs. 4 S. 2 und 3; BRAO § 43 b; BORA § 7

Bezeichnung einer Anwaltskanzlei als „Steuerbüro“

BGH, Urt. v. 18.10.2012 – I ZR 137/11 Fundstelle: NJW-Spezial 2013, S. 222

 

Erbringt ein Rechtsanwalt zu einem überwiegenden Teil seiner Berufstätigkeit Hilfeleistungen in Steuersachen und ist deshalb die Angabe "Steuerbüro" in seiner Kanzleibezeichnung objektiv zutreffend, so ist diese Angabe nicht allein deshalb als irreführend zu verbieten, weil ein Teil der an diesen Dienstleistungen interessierten Verbraucher aus der Angabe "Steuerbüro" den unrichtigen Schluss zieht, in der Kanzlei sei auch ein Steuerberater oder ein Fachanwalt für Steuerrecht tätig.

Leitsatz des Gerichts

 

Anmerkung:

Dem Urteil liegt ein Sachverhalt zugrunde, in dem ein nach eigener Darstellung zu etwa 2/3 seiner Gesamttätigkeit Steuerberatungsleistungen erbringender Rechtsanwalt im örtlichen Telefonbuch, im Kopf seines Internetauftritts und in der Kurzbezeichnung seines Briefkopfes die Kanzleibezeichnung „Rechtsanwaltskanzlei und Steuerbüro“ führte.

 

BGB §§ 242, 280; RVG §§ 10, 13, 14, 34 Abs. 1; RVG VV Nrn. 2300, 7008

Aufklärung über Rechtsanwaltsvergütung

LG Duisburg, Urt. v. 12.10.2012 – 7 S 51/12 Fundstelle: NJW 2013, S. 1614

  1. Eine Rechtsanwalt ist nach Treu und Glauben verpflichtet, den Mandanten ungefragt über die voraussichtliche Höhe seiner Vergütung aufzuklären, wenn diese das vom Mandanten verfolgte Ziel (hier: Erlass bzw. Ermäßigung einer Schadensersatzforderung auf Grund eine urheberrechtlichen Abmahnung) wirtschaftlich sinnlos erscheinen lässt, weil die Kosten der anwaltlichen Vertretung (hier: 2.562,90 Euro) in einem krassen Missverhältnis zu dem erreichbaren wirtschaftlichen Vorteil (hier: bestenfalls 750 Euro) stehen (im Anschluss an BGH, NJW 2007, 2332).
  2. Die Mitteilung eines Kostenrahmens (hier: von 226 Euro bis 2600 Euro) stellt keine ausreichende Aufklärung dar, wenn bei Beauftragung des Rechtsanwalts die Höhe der Vergütung auf Grund einer Vergütungsvereinbarung bereits feststeht.
    Leitsatz des Gerichts

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