BRAO §§ 43, 43 b; PartGG § 11 Abs. 1 Satz 1

Werbung mit der Bezeichnung „C & Partner Rechtsanwälte“

AnwGH Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 02.12.2011 – 2 AGH 9-12/11 Fundstelle: NJW Spezial 2012, S. 447

§ 11 Abs. 1 Satz 1 PartGG untersagt allen Gesellschaften, die nicht in der Rechtsform der Partnerschaft firmieren, die Führung der Zusätze „& Partner“ oder „Partnerschaft“, soweit diese Gesellschaften nach Inkrafttreten des PartGG gegründet oder umbenannt wurden.

BRAO § 58

Kein uneingeschränktes Akteneinsichtsrecht in Personalakten

AnwGH Celle, Urteil v. 11.06.2012 – AGH 24/11 Fundstelle: NJW-Spezial 2012, S. 639

Das Akteneinsichtsrecht in die Personalakten steht einem Anwalt auch in den Geschäftszeiten der Rechtsanwaltskammer nicht jederzeit zu.

BRAO § 43 a Abs. 4; BORA § 3

Wahrnehmung widerstreitender Interessen durch Treuhandtätigkeit

AnwG Hamburg, Beschl. v. 10.06.2008 – II AnwG 21/07 = BeckRS 2008, 24192
Fundstelle: NJW-Spezial 2008, S. 766 f.

Lässt sich ein Anwalt unwiderruflich von seinem Mandanten und der Gegenpartei anweisen, auf sein Anderkonto einen Betrag zur Sicherung des Anspruchs der Gegenpartei zu verwahren, verstößt er gegen das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen.

 

Leitsatz des Gerichts

FAO § 24 Abs. 4 S. 3

Nachmeldung von Fällen im gerichtlichen Verfahren zur Fachanwaltsverleihung

AGH Berlin, Beschl. v. 24.11.2008 – 2 AGH 4/08
Fundstelle: noch nicht veröffentlicht

1.  Eine erstmalig im gerichtlichen Verfahren gegen einen abgelehnten Antrag auf Verleihung einer Fachanwaltsbezeichnung vorgelegte Fallliste kann keine Berücksichtigung finden, wenn der Antragsteller eine ihm im Antragsverfahren gem. § 24 FAO gesetzte Nachfrist mehrfach missachtet hat.5

2.  Etwas anderes könnte gelten, wenn der Antragsteller in der Zeit des gerichtlichen Verfahrens neue Fälle bearbeitet hat und diese in das Verfahren einführen möchte.5

 

Leitsatz des Bearbeiters des KammerReports

 

Anmerkung:

Der Antragsteller hatte einen Antrag auf Verleihung einer Fachanwaltsbezeichnung gestellt. Der zuständige Fachanwaltsausschuss teilte dem Antragsteller im Rahmen der Antragsprüfung mit, er beabsichtige, Fälle zu seinen Ungunsten zu gewichten und deshalb würden die erforderlichen Fallzahlen nicht mehr erreicht. Der Antragsteller wurde zur ergänzenden Stellungnahme und Vorlage von Arbeitsproben unter Fristsetzung aufgefordert. Ebenso wurde ihm Gelegenheit gegeben, innerhalb der Frist Fälle nachzumelden.

Nach erfolglosem Fristablauf erteilte der Fachanwaltsausschuss dem Antragsteller eine inhaltsgleiche Auflage unter erneuter Fristsetzung mit dem Zusatz, dass er nach Fristablauf dem Vorstand die Zurückweisung des Antrags empfehlen werde. Nach erfolglosem Ablauf auch dieser Frist wurde dem Antragsteller erneut die Möglichkeit einer Stellungnahme unter Fristsetzung gewährt. Der Antragsteller beantragte sodann eine Fristverlängerung, ohne allerdings innerhalb der verlängerten Frist Stellung zu nehmen. Der Antrag wurde daraufhin abgelehnt.

Hiergegen erhob der Antragsteller unter Beifügung einer erweiterten Fallliste einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung, der jedoch keinen Erfolg hatte. Der AGH stellt in den Gründen zwar nicht in Abrede, dass Falllisten, die nach Antragstellung vorgelegt werden, grundsätzlich Berücksichtigung finden können. In dem konkreten Fall könne dem Antragsteller aber nicht mehr die Möglichkeit zur Nachmeldung von Fällen eröffnet werden, da der Antragsteller die ihm mehrmals gesetzte Ausschlussfrist unter grobem Verstoß gegen seine Mitwirkungspflichten versäumt habe. Würde in einem solchen Fall anders verfahren, würde das Setzen einer Nachfrist gem. § 24 FAO überflüssig. Es sei aus diesem Grund nicht ersichtlich, weswegen vom gesetzlich geregelten Fall, dass der Nachweis der praktischen Erfahrungen gegenüber der Rechtsanwaltskammer bei Antragstellung erbracht werden müsse, abgewichen werden solle, wenn der Antragsteller eine Ausschlussfrist mehrfach missachte. Etwas anderes könne aber gelten, wenn der Antragsteller in der Zeit des gerichtlichen Verfahrens neue Fälle bearbeitet habe und diese einführen möchte. Dies war vorliegend aber nicht der Fall.

§ 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO

Unvereinbare Personalvermittlung gegen Provision

AnwGH Frankfurt a. M., Urteil vom 12.12.2011 – 1 AGH 7/11 = BeckRS 2012, 08446 Fundstelle: NJW-Spezial 2012, S. 286

Die Tätigkeit eines Personalberaters, der sich in diesem Zusammenhang auch mit der Akquise befasst, ist mit dem Anwaltsberuf nicht vereinbar.

 

Leitsatz des Gerichts

BORA § 26 Abs. 1 S. 1, S. 2 b); BRAO § 43; BGB § 138 Abs. 1

Angemessenheit eines anwaltlichen Grundgehalts

AGH NW, Beschl. v. 02.11.2007 – 2 ZU 7/07
noch nicht rechtskräftig
noch nicht veröffentlicht

Ein anwaltliches Grundgehalt von nicht über € 1.000,00 brutto monatlich ist sittenwidrig im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB und unangemessen im Sinne von § 26 Abs. 1 S. 1, S. 2 b) BORA i. V. m.  § 43 BRAO.3

 

3 Leitsatz des Verfassers des KammerReports

Anmerkung:

RA X bot anwaltlichen Berufseinsteigern ein zweijähriges Traineeprogramm in seiner Kanzlei per Stellenanzeige an. Im Rahmen der Tätigkeit sollte der Trainee die Assistenz in einem anwaltlichen Dezernat übernehmen. Hierzu sollte er zunächst anstelle einer Rechtsanwaltsfachangestellten in die Dezernatsführung einbezogen werden und sich aus dieser Rolle heraus zunehmend selbstständig entwickeln um später die eigenständige Bearbeitung von Fällen zu übernehmen. Als Grundvergütung sollte ein Gehalt gezahlt werden, das „ein wenig über dem Referendargehalt“, also bei knapp € 1.000,00, lag.

Die Rechtsanwaltskammer Hamm hatte dem RA X einen belehrenden Hinweis erteilt, da sie dieses Angebot für berufsrechtswidrig gemäß §§ 43 BRAO, 26 BORA hielt. Den hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der AGH NW mit der benannten Entscheidung zurückgewiesen.

In seinen Gründen geht der AGH davon aus, dass RA X in seiner Stellenanzeige nicht nur, wie von diesem behauptet, eine Ausbildungsstelle, sondern eine Anstellung als junger Rechtsanwalt unter den üblichen Bedingungen der Einarbeitung als Berufsanfänger anbiete. Das hierfür offerierte Gehalt von rund € 1.000,00 brutto monatlich sei sittenwidrig im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB und unangemessen im Sinne von § 26 Abs. 1 S. 1, S. 2 b) BORA i. V. m. § 43 BRAO. Dabei geht der AGH unter näherer Erläuterung von einem Richtmaß für das Einstiegsgehalt eines Rechtsanwalts ohne besondere Spezialisierung, ohne besondere Zusatzqualifikation, ohne Prädikatsexamen und bei Vollzeitstelle von mindestens € 2.300,00 brutto monatlich aus.

Der AGH hat die sofortige Beschwerde zum BGH zugelassen, die auch erhoben wurde.

 

BRAO § 43 b

Werbung mit der Angabe „Rechtsanwalt beim LG und beim OLG“

AnwGH Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 01.04.2011 – 2 AGH 50/10 = BeckRS 2011, 18376 - nicht rechtskräftig - Fundstelle: NJW-Spezial 2011, S. 478

Verwendet ein Anwalt in der Randleiste seines Briefbogens den Zusatz „Rechtsanwalt bei dem Landgericht und bei dem Oberlandesgericht“, verstößt er gegen § 43 b BRAO.

Leitsatz der Schriftleitung der NJW Spezial

BORA § 7 Abs. 2

„Rechtsanwalt für …“

 AnwGH Schleswig-Hostein, Beschl. v. 05.02.2009 - 2 AGH 6/07 Fundstelle: bisher nicht veröffentlicht

Die Bezeichnung „Rechtsanwalt für Arbeitsrecht“ ist gemäß § 7 Abs. 2 BORA unzulässig, da sie die Gefahr einer Verwechslung mit dem „Fachanwalt für Arbeitsrecht“ begründet und irreführend ist.

Leitsatz des Rezensenten des KammerReports

 

 

Rechtsanwalt Benedikt Trockel

 

 

 

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 8

Unzureichende Freistellungserklärung des Arbeitgebers eines Syndikusanwalts

AnwGH Rheinland-Pfalz, Beschl. vom 30.05.2008 – 1 AGH 10/07 = BeckRS 2008, 20424
Fundstelle: NJW-Spezial 2008, S. 638

 

Es reicht nicht aus, wenn der Arbeitgeber eines Syndikusanwalts diesem lediglich erlaubt, seinen Arbeitsplatz zur Wahrnehmung anwaltlicher Termine zu verlassen, wenn dies seine Tätigkeit als Rechtsanwalt „im Einzelfall zwingend erforderlich macht“.

Leitsatz des Gerichts

 

Anmerkung:

In dem zugrunde liegenden Fall hatte die Rechtsanwaltskammer nachträglich davon Kenntnis erlangt, dass ein zugelassener Anwalt bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber in einem ständigen Beschäftigungsverhältnis angestellt war. Die daraufhin von dem Rechtsanwalt angeforderte Freistellungserklärung seines Arbeitgebers enthielt die Einschränkung dahingehend, dass der Anwalt berechtigt sei „seine Arbeitstätte zur Wahrnehmung anwaltlicher Termine zu verlassen, wenn dies seine Tätigkeit als Rechtsanwalt im Einzelfall zwingend erforderlich mache“. Der daraufhin erfolgte Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft gem. § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO wurde durch den noch nicht rechtskräftigen Beschluss des Anwaltsgerichtshofs Rheinland-Pfalz bestätigt. Denn nach ständiger Rechtsprechung des BGH muss ein Anwalt seinen Anwaltsberuf in einem, wenn auch beschränkten oder doch irgendwie nennenswerten Umfang und jedenfalls mehr als bloß gelegentlich ausüben können.

In der Einschränkung, seine Arbeitsstätte verlassen zu dürfen, wenn dies „im Einzelfall“ erforderlich sei, sah der Anwaltsgerichtshof eine Beschränkung begründet, die es dem Anwalt nicht ermögliche, im Rahmen des erforderlichen Freiraums seine Anwaltstätigkeit tatsächlich unabhängig zu gestalten.
 

Hinweis:

Wenn ein Rechtsanwalt ein Beschäftigungsverhältnis eingeht oder eine wesentliche Änderung des bestehenden Beschäftigungsverhältnisses eintritt, hat er dies gem. § 56 Abs. 2 Nr. 1 BRAO der Rechtsanwaltskammer unverzüglich anzuzeigen.

BRAO § 43 b; § 7 Abs. 2 BORA; StBerG § 43 Abs. 4 S. 3

Führung der Tätigkeitsbeschreibung „Steuerberatung“

AGH NW, Urt. v. 05.11.2010 – 2 AGH 29 und 30/09 Fundstelle: nicht veröffentlicht

Die Führung der Tätigkeitsbeschreibung „Steuerberatung“ durch Rechtanwälte ist zulässig, jedenfalls sofern die Tätigkeitsbeschreibung nicht in einem unmittelbaren Aufzählungszusammenhang mit einer Berufsbezeichnung geführt wird, die Rechtsanwälte Fachanwälte für Steuerrecht sind und den Fachbereich auch schwerpunktmäßig ausüben.

Leitsatz des Rezensenten des KammerReports

 

Anmerkung:

Eine nahezu ausnahmslos steuerberatend tätige Rechtsanwaltssozietät führt die Kurzbezeichnung „A / B Steuerberatung – Rechtsberatung“. Beide Sozien sind Fachanwälte für Steuerrecht, einer davon zudem noch vereidigter Buchprüfer.

Die Rechtsanwaltskammer sah in der Führung der Bezeichnung „Steuerberatung“ gestützt auf die Entscheidung des BVerfG vom 22. März 2006, 1 BvR 97/06, eine Irreführung und damit einen Verstoß gegen § 7 Abs. 2 2. Alternative BORA, da sie den Eindruck erwecke, als seien die Rechtsanwälte berechtigt, den Titel „Steuerberater“ zu führen.

Dem ist der AGH mit seinen vorgenannten Entscheidungen entgegengetreten. Demnach seien Rechtsanwälte gemäß Art. 12 GG, § 43 b BRAO berechtigt, das „Publikum“ in Form und Inhalt sachlich über ihre berufliche Tätigkeit zu unterrichten. Eine solche sachliche Unterrichtung stelle die Tätigkeitsbeschreibung „Steuerberatung“ dar. Die Tätigkeitsbeschreibung stelle auch keine Irreführung dar, da das fachkundige Publikum wisse, dass außer Steuerberatern im engen Sinne auch noch anderweitige Berufsträger wie insbesondere Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer befugt und in der Lage seien, steuerberatende Tätigkeiten vorzunehmen. Ein solches Publikum setze daher die Bezeichnung „Steuerberatung“ nicht automatisch mit dem Berufstypus des Steuerberaters gleich.

Erwartet werde vielmehr bei Führung der Tätigkeitsbeschreibung eine entsprechende Fachkompetenz. Diese Fachkompetenz sei bei den betroffenen Rechtsanwälten gegeben aufgrund ihrer Qualifikationen als Fachanwälte im Steuerrecht, als vereidigter Buchprüfer und ihrer schwerpunktmäßigen Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerrechts.

Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts liege dagegen ein Sachverhalt zugrunde, in dem eine Berufsbezeichnung mit einer Tätigkeitsbeschreibung verknüpft worden sei („Rechtsanwälte und Steuerberatung“). Ob eine solche aufzählende Verknüpfung eine Irreführung für den Geschäftsverkehr heraufbeschwöre könne im zu entscheidenden Fall dahingestellt bleiben, da dort die Tätigkeitsbeschreibung „Steuerberatung“ nicht mit einer Berufsbezeichnung verbunden worden sei.

 

BRAO § 43 b; BORA §§ 6 Abs. 1, 7 Abs. 1

„Zertifizierter Testamentsvollstrecker (DVEV)“ und „Vorsorgeanwältin“

AGH NW, Urt. v. 07.01.2011 – 2 AGH 36-38/10 Fundstelle: NJW-Spezial 2011, S. 286

Die Verwendung der Bezeichnungen „zert. Testamentsvollstrecker (DVEV)“ und „Vorsorgeanwältin“ auf einem anwaltlichen Briefbogen sind berufsrechtswidrig.(Leitsatz des Rezensenten des KammerReports)

 

RA Benedikt Trockel, Geschäftsführer

 

BRAO § 43 c Abs. 1 S. 1; FAO §§ 14 a, 2, 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 h, 6 Abs. 3, 7 Abs. 1, Abs. 2

Nachweis der besonderen praktischen Erfahrungen – „Fachanwalt für Versicherungsrecht“

AnwGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 08.12.2008 – AnwGH 14/08 Fundstelle: NJW 2009, S. 858 f.1.     Für den Nachweis der besonderen praktischen Erfahrungen ist unter anderem die persönliche und weisungsfreie Bearbeitung von mindestens zehn gerichtlichen Verfahren erforderlich. Dabei genügt nicht die schlichte Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs, die ausschließlich zum Bereich des Haftungsrechts gehört, sondern es muss eine spezifische versicherungsrechtliche Implikation und damit ein entsprechender Bearbeitungsschwerpunkt gegeben sein. Dies ist anzunehmen, wenn die privatversicherungsrechtliche Problematik den jeweiligen Streitgegenstand zumindest geprägt bzw. beeinflusst hat.

 

2.     Nicht gewonnene praktische Erfahrungen können nicht durch ein erfolgreiches Fachgespräch ersetzt werden. Dieses ist nur erforderlich, wenn die vorgelegten Unterlagen trotz ihrer Mangelhaftigkeit so viel an Nachweiskraft beinhalten, dass zu erwarten, jedenfalls nicht ausgeschlossen ist, der Antragsteller könne durch Beantwortung diesbezüglicher Fragen die für den Ausschuss bestehenden Zweifel und Unklarheiten beheben.

 

Leitsatz des Gerichts

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