VV RVG Vorbem. 4.1 Abs. 3
Auswirkungen von Pausen auf den Längenzuschlag für den Pflichtverteidiger
LG Mannheim, Beschluss vom 11.05.2022 -  4 KLs 300 Js 40140/20
Fundstelle: AGS 2022, S. 312 f.

  1. Kommt es für eine Gebühr auf die Dauer der Teilnahme an der Hauptverhandlung an, so sind Unterbrechungen von jeweils mindestens einer Stunde, soweit diese unter Angabe einer konkreten Dauer der Unterbrechung oder eines Zeitpunkts der Fortsetzung der Hauptverhandlung angeordnet wurden, nicht zu berücksichtigen.
  2. Ordnet der Vorsitzende unter Nennung des Zeitraums eine Unterbrechung an und wird die Hauptverhandlung aus von dem Rechtsanwalt nicht zu vertretenen Gründen erst nach dem genannten Zeitraum fortge­setzt, ist nur der durch den Vorsitzenden angeordnete Zeitraum zu berücksichtigen und nicht die Dauer der tatsächlichen Unterbrechung.

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

 

 

Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG; Nr. 4302 VV RVG, §§ 140 ff. StPo
Pflichtverteidiger im Haft(prüfungs-)termin
LG Magdeburg, Beschl. v. 16.7.2021 - 21 Qs 53/21 und 54/21
Fundstelle: AGS 2021, S. 427


Auch der Pflichtverteidiger, der nur für einen Tag bzw. Termin bestellt ist, ist für diesen begrenzten Zeitraum umfassend mit der Wahrnehmung der Verteidigerrechte und -pflichten betraut. Daher kommt auch angesichts der zeitlichen Begrenzung der Beiordnung eine gebührenrechtliche Einstufung der Tätigkeit als Einzeltätigkeit nicht in Betracht.

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

 

86 Abs. 1 S. I VVG; § 17 Abs. 9 ARB; § 199 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, §§ 242, 675 BGB; Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1 EGBGB
Schadensersatzanspruch des Rechtsschutzversicherers aus übergegangenem Recht

LG Würzburg, Urt. v. 1.4.2021 - 12 0 2251/19
Fundstelle: AGS 2021, S. 474

 

  1. Gem. § 86 VVG gehen auch Schadenersatzansprüche des Versicherungsnehmers gegen den Anwalt wegen fehlerhafter Prozessführung auf den Rechtsschutzversicherer über.
  2. Wissentlich wahrheitswidrige Angaben des Anwalts im Mahnbescheid - eine Gegenleistung sei bereits erbracht - lösen einen Schadensersatzanspruch aus, wenn dadurch die verjährungshemmende Wirkung entfällt.
  3. Auch eine fehlerhafte Berechnung der Anwaltsgebühren als Nebenforderung im Mahnbescheid, die zu einer verzögerten Zustellung und damit zum Eintritt der Verjährung führt, geht zu Lasten des Anwalts.
  4. Der Einwand, ein Prozess wäre ohnehin verloren gegangen, es sei daher kein Schaden entstanden, ist für den Prozesskostenschaden unerheblich.
  5. Ein Mitverschulden der Rechtsschutzversicherung liegt nicht vor.

 Leitsatz der Schriftleitung der AGS

 

 

 

 

 

BerHFV § 1 Nr. 2
Keine Vorlage des Original-Berechtigungsscheins erforderlich
LG Osnabrück, Beschluss vom 24.01.2022 - 9 T 466/21
Fundstelle: AGS 2022, S. 86 ff.

  1. Wird eine Beratungshilfevergütung elektronisch beantragt, ist die Vorlage des Original-Berechtigungsscheines in Papierform nicht mehr notwendig.
  1. Es genügt, wenn bei der elektronischen Einreichung der Berechtigungsschein eingescannt, das Original aber vom Rechtsanwalt entwertet und dies anwaltlich versichert wird.

 Leitsatz der Schriftleitung der AGS

RVG VV Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2; RVG Nr. 3202
Keine Terminsgebühr bei einstimmiger Zurückweisung der Berufung
LG Osnabrück, Beschluss vom 09.11.2021 – 12 O 276/18
Fundstelle: AGS 2021, S. 272

Wird die Berufung nach einem Hinweisbeschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen, entsteht für die beteiligten Anwälte auch dann keine Terminsgebühr, wenn sie zuvor jeweils mit dem Richter gesprochen haben.

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

 

 

§ 3a Abs. 2 RVG a. F. (§ 3 Abs. 3 RVG n. F.); §§ 397, 402, 411 Abs. 4 S. 2 ZPO
Keine Ladung des Kammervorstands zur Gutachtenerläuterung
LG Düsseldorf, Beschl. v. 21.10.2021 - 20 S 97/20
Fundstelle: AGS 2021, S. 576

Bei einem nach dem RVG einzuholenden Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer handelt es sich nicht um ein Gutachten i. S. d. ZPO, sodass eine Ladung des Gutachters zur Erläuterung des Gutachtens nicht in Betracht kommt.

Leitsatz des Autors der NJW-Spezial

§§ 21, 66 Abs. 1 GKG
Unrichtige Sachbehandlung im Bußgeldverfahren
LG Stuttgart, Beschl. v. 14.9.2021 - 20 Qs 16/21
Fundstelle: AGS 2021, S. 513

Ein offensichtlicher Verfahrensverstoß und damit eine unrichtige Sachbehandlung i.S.v. § 21 GKG ist zu bejahen, wenn der Betroffene im amtsgerichtlichen Bußgeldverfahren nicht vor der beabsichtigten Beauftragung eines Sachverständigen angehört wird, obwohl es in dem Verfahren lediglich um eine geringe Geldbuße wegen einer Ordnungswidrigkeit geht und die Kosten des Sachverständigengutachtens die Geldbuße deutlich übersteigen.

Leitsatz des Autors der NJW-Spezial

 

VV RVG Nr. 4142
Wertersatzeinziehung im Strafbefehl und zusätzliche Verfahrensgebühr
LG Köln, Beschluss vom 31.08.2021 - 106 Qs 14/21
Fundstelle: AGS 2022, S. 23 ff.

  1. Nach der am 01.07.2017 in Kraft getretenen Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung und der damit verbundenen Neufassung der §§ 73 ff. StGB sind vom sachlichen Anwendungsbereich der Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV alle Fälle der Einziehung nach §§ 73 ff. StGB, einschließlich der Wertersatzeinziehung nach § 73 c StGB erfasst.
  1. Die Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV fällt bereits an, wenn Einspruch gegen einen die Einziehung von Wertersatz anordnenden Strafbefehl eingelegt wird.

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

 

 

§ 8 Abs. 1 RVG; § 628 Abs. 1 S. 1 BGB
Kündigung des Mandats und Vergütung
LG Bremen, Urt. v. 29.5.2020 - 4 S 102/19
Fundstell: GS 2021, S. 23

 

  1. Ein Anwalt kann unter dem Gesichtspunkt "Interessenwegfall" seinen Vergütungsanspruch verlieren, wenn er in einem schwierigen Mandatsverhältnis seinem Mandanten bei Nichtzahlung eines Vorschusses vor der Kündigung keine Kündigungsandrohung unter Verdeutlichung der Folgen zukommen lässt.
  2. Schreiben des Mandanten ohne Einschaltung seines Anwaltes an das Gericht können nur in Ausnahmefällen als schwerwiegende Pflichtverletzungen angesehen werden. 

 

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

 

 

RVG § 3 a; BGB §§ 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1
Zeittakt bei Vergütungsvereinbarung
LG Karlsruhe, Urteil vom 19.01.2021 – 6 O 213/18
Fundstelle: AGS 2021, S. 259 ff.

  1. Die vereinbarte Abrechnung in 5-Minuten-Einheiten bei einer formularmäßigen Vereinbarung eines Zeithonorars ist zulässig. Eine solche Klausel benachteiligt den Mandanten nicht unangemessen gem. 307 Abs.1 S.1, Abs. 2 Nr.1 BGB. Das Äquivalenzprinzip wird hier noch ausreichend gewahrt.

  2.  Reisezeit ist keine spezifisch anwaltliche Dienstleistung. Jedenfalls stellt sie keine Zeit der allgemeinen Beratung durch den Rechtsanwalt dar und ist nicht als Tätigkeit mit dem dafür vereinbarten Stundenhonorar zu vergüten.

  3.  Der Rechtsanwalt ist für den Umfang der abrechenbaren Tätigkeit darlegungs- und beweisbelastet. Der Honoraranspruch ist erst einforderbar, wenn der abgerechnete Zeitaufwand nach Tätigkeitsmerkmalen aufgeschlüsselt dargestellt wird.

 

 

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