RVG VV Nrn. 2501, 2503; BerHG § 2 Abs. 1

Anfall der Geschäftsgebühr im Rahmen der Beratungshilfe; Erforderlichkeit der Vertretung

OLG Köln, Beschluss vom 15.05.2017 - 17 W 201/16

Fundstelle: RVGreport 2017, S. 341 ff.

 

1.    Dient die durch den Beratungshilfe gewährenden Rechtsanwalt erfolgte Akteneinsicht der Information zur Vorbereitung einer Vertretung des Rechtsuchenden nach außen hin, so ist das Mandat von vornherein auf das Betreiben eines Geschäfts i.S.d. Gebührentatbestandes der Nr. 2503 VV RVG ausgerichtet. Schon diese Akteneinsicht löst dann die Geschäftsgebühr aus.

 

2.    Lässt der dem Rechtsuchenden erteilte Berechtigungsschein keine Beschränkung der Beratungshilfe auf eine Beratung erkennen, umfasst das dem Rechtsanwalt auf der Grundlage des Berechtigungsscheins erteilte Mandat, in dessen Kontext die Akteneinsicht beantragt wurde, auch die Vertretung des Berechtigten ohne Beschränkung auf eine Beratung.

 

Leitsatz des Verfassers des RVGreports

 

RVG VV Nr. 7000 Nr. 1a); RVG § 46 Abs. 1; BORA § 5; BRAO § 43a Abs. 6

Dokumentenpauschale für Ausdruck einer überlassenen Akten-CD für Rechtsanwalt und Mandanten erforderlich

OLG Nürnberg, Beschluss von 30.05.2017 - 2 Ws 98/17

Fundstelle: RVGreport 2017, S. 388 ff.

 

1.    Der Ausdruck einer in digitalisierter Form (hier auf mehreren CD-ROM) gespeicherten Gerichtsakte in Strafsachen fällt unter den Wortlaut des Auslagentatbestandes der Nr. 7000 Nr. 1a) VV RVG.

 

2.    Der Ausdruck der Gerichtsakte für den Rechtsanwalt ist in einem solchen Fall zur sachgerechten Bearbeitung der Rechtssache geboten, wenn dem Rechtsanwalt kein Laptop zur Verfügung steht und somit kein Zugriff auf den Akteninhalt während der Hauptverhandlung möglich ist.4

 

3.    Derzeit besteht für den Rechtsanwalt noch keine gesetzliche Verpflichtung zur Verwendung einer elektronischen Akte in Strafsachen und zur Anschaffung einer entsprechenden technischen Ausstattung.

 

4.    Dies gilt im Grundsatz auch für die für den Mandanten gefertigten Ausdrucke, unabhängig davon, ob für den in einer Justizvollzugsanstalt einsitzenden Mandanten die Möglichkeiten vorhanden sind, digitalisierte Akten auf dem Bildschirm zu lesen.

 

5.    Der Grundsatz der kostenschonenden Prozessführung kann es allerdings gebieten, durch entsprechende Einstellungen beim Ausdruck, die Anzahl der Seiten zu verringern, etwa durch Ausdruck zweier Originalseiten auf eine einzige Seite.

 

6.    Der Senat folgt nicht der in der Rechtsprechung und Literatur verbreiteten Auffassung, dass bei Überlassung von auf digitalen Datenträgern gespeicherten Akten der Ausdruck generell nicht mit der Dokumentenpauschale vergütet werden kann.

 

Leitsätze des Verfassers des RVGreports

GNotKG §§ 49, 61

Geschäftswert einer Beschwerde in Erbscheinsverfahren

OLG München, Beschluss von 04.07.2017 - 31 Wx 211/15

Fundstelle: AGS 2017, S. 404 ff.

 

 

Für die Bestimmung des Geschäftswerts im Beschwerdeverfahren, in dem sich Miterben gegen die Erteilung eines Alleinerbscheins wenden, ist das wirtschaftliche Interesse der (jeweiligen) Beschwerdeführer am Erfolg ihres Rechtsmittels maßgebend, nicht jedoch der Gesamtwert des Nachlasses (gegen OLG Karlsruhe NJW 2016, 1083; OLG Schleswig FGPrax 2015, 93; OLG München [14. Senat] ErbR 2016, 531; OLG Köln Rpfleger 2017, 304).

 

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

 

JustizG NW § 124; JVKostG § 4 Abs. 1; JVKostG-Kost-Verz. Nr. 1401

Gebühr für „Bescheinigungen und schriftliche Auskünfte aus Akten und Büchern“ bei

Negativauskunft durch das Nachlassgericht

OLG Hamm, Beschluss vom07.07.2017 - 25 W 119/17

Fundstelle: AGS 2017, S. 464 f.

 

Erteilt das Nachlassgericht auf den Antrag auf Erteilung einer Ausfertigung des erteilten Erbschein bzw. des Testamentes die Auskunft, dass über den betreffenden Nachlass dort kein Verfahren geführt werde, kann dafür gem. §§ 124 JustG NRW, 4 Abs. 1 JVKostG i.V.m. Nr. 1401 JVKostG KostVerz. eine Gebühr für „Bescheinigungen und schriftliche Auskünfte aus Akten und Büchern“ i.H.v. 15,00 EUR erhoben werden, auch wenn für die Erteilung der begehrten Ausfertigung neben der Dokumentenpauschale keine weiteren Gebühren anfallen.

 

Leitsatz des Schriftleitung der AGS

 

RVG VV Vorbem. 3 Abs. 3, Nrn. 3104, 3105; ZPO § 104 Abs. 2

Höhe der Terminsgebühr bei Säumnis des Gegners

OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.07.2017 - 6 W 47/17

Fundstelle: RVGreport 2017, S. 383 ff.

 

Ergeht im Verhandlungstermin gegen den säumigen Gegner ein Versäumnisurteil, entsteht für den Anwalt eine volle Terminsgebühr nur dann, wenn über die Stellung des Antrags auf Erlass des Versäumnisurteils hinaus eine inhaltliche Erörterung stattgefunden hat. Zur Glaubhaftmachung dieses Umstandes kann eine anwaltliche Versicherung ausreichen; aus dem Sitzungsprotokoll muss sich die Erörterung nicht ergeben.

 

Leitsatz des Gerichts

 

RVG §§ 45 Abs. 1, 46 Abs. 1, 55 Abs. 5; RVG VV Nr. 7008; ZPO § 104 Abs. 2 S. 3

Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts bei Vorsteuerabzugsberechtigung des Mandanten

OLG Braunschweig, Beschluss vom 07.08.2017 - 2 W 92/17

Fundstelle: RVGreport 2017, S. 411 f.
 

Der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt hat gegen die Staatskasse auch dann einen Anspruch auf Festsetzung der Umsatzsteuer, wenn die von ihm vertretene Partei vorsteuerabzugsberechtigt ist.

 

Leitsatz des Gerichts

 

RVG §§ 44 Satz 1, 55, 56; RVG VV Vorbem. 7 Abs. 1, Nrn. 7001 und 7002

Postentgeltpauschale durch Übersendung einer E-Mail

OLG Frankfurt, Beschluss vom 03.05.2017 – 18 W 195/16

Fundstelle: RVGreport 2017, S. 300 ff.

 

 

Angesichts des zunehmenden elektronischen Rechtsverkehrs reicht die Kommunikation mit elektronischen Medien (per Mail, Skype, Videotelefonie, Mobiltelefon, etc.) für den Anfall der Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG aus, so dass diese mit jeder von einem Rechtsanwalt ausgehenden Nutzung dieser Kommunikationsmedien anfällt, auch wenn aufgrund von Flatrateverträgen die Aufschlüsselung einzelner Kosten für die konkrete Kommunikation nicht möglich ist.

 

 

Leitsatz des Gerichts

 

RVG VV Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104; FamFG § 113 Abs. 1 S. 2; ZPO § 307

Terminsgebühr für Anerkenntnisbeschluss im schriftlichen Verfahren in einstweiligen Anordnungsverfahren

OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.03.2017 - 15 WF 40/17

Fundstelle: AGS 2017, S. 214 ff.

 

1.   Das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist ein Verfahren mit vorgeschriebener mündlicher Verhandlung.

 

2.   Die Terminsgebühr entsteht im Verfahren der einstweiligen Anordnung auch dann, wenn das Gericht durch Anerkenntnisbeschluss ohne mündliche Verhandlung entschieden wird.

 

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

 

GKG § 53 Abs. 1 S. 1; ZPO § 3

Streitwert einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen

OLG Hamm, Beschluss vom 23.03.2017- 4 W 15/17

Fundstelle: AGS 2017, S. 278
 

Der Streitwert einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen ist regelmäßig mit zwei Dritteln des Hauptsachewerts anzusetzen.

 

Leitsatz des OLG

 

RVG § 14 Abs. 1 Satz 1; StPO §464 b

Kostenfestsetzung bei Teilfreispruch; Differenztheorie

OLG München, Beschluss vom 30.01 .2017 - 4c Ws 5/17

Fundstelle: RVGreport 2017, S. 231 f.

 

 

1.   Der Anspruch eines teilweise Freigesprochenen auf Ersatz seiner notwendigen Auslagen (Wahlverteidigergebühren) ist trotz des Teilfreispruchs um die gesamten von der Staatskasse ausgezahlten Pflichtverteidigergebühren zu kürzen.

 

2.   Die Berechnung nach der Differenzmethode erfolgt in drei Schritten, zu denen zunächst die Ermittlung der Wahlverteidigergebühren, sodann die der fiktiven Gebühren bei einer der Verurteilung entsprechenden Verfahrensführung und schließlich die Differenz zwischen diesen beiden Vergütungsbeträgen ermittelt wird.

 

 

Leitsatz des Gerichts

 

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